Engagement für die Gemeinschaft
Der Saarpfalz-Kreis hat mit 28 selbstverwalteten Jugendzentren und Jugendclubs eine gut ausgebaute Infrastruktur der Jugendarbeit. Ein guter Grund also, den zuständigen Kreisjugendpfleger Ralf Dittgen nach seinen Erfahrungen zu befragen.
Welche Bedeutung haben die selbstverwalteten Jugendzentren und Clubs im Saarpfalz-Kreis?
Die haben natürlich eine ganz wesentliche Bedeutung, es ist ein ganz eigenständiges
Angebot, das seine Berechtigung und seine Notwendigkeit hat. Zum Beispiel bei uns im
Südkreis, wo viele kleine Ortschaften sind, wo wenig los ist, dort sind es letztendlich die Jugendtreffs wo Jugendliche sich aufgehoben fühlen, wo sie für sich selbst ein Angebot machen können, selbstbestimmt sind und darüber hinaus Verantwortung übernehmen und sich auch im Dorfleben engagieren.
Für mich persönlich ist es eben ein Angebot, das durch nichts anderes zu ersetzen ist. Die traditionellen Vereine machen gänzlich andere Angebote und was mir dabei im Unterschied zu den Jugendclubs fehlt, ist die Geschichte der Verantwortungsübernahme,
des Peer to Peer -Ansatzes, also von ihrer Altersgruppe für ihre Altersgruppe etwas machen, das ist schon ein Alleinstellungsmerkmal der Jugendclubs.
Welche Potentiale siehst du in den Treffs?
Die Jugendlichen können erstmal durch ihr Engagement im Club in einem geschützten
Rahmen lernen, wie es ist so einen Laden zum Laufen zu bringen, Verantwortung und Ämter zu übernehmen, und diese Aufgaben auch gewissenhaft auszufüllen.
Auch in Konfliktsituationen mit Gemeinden, mit der Nachbarschaft zu gucken, dass man zu Konsenslösungen kommt, wo wirklich niemand als Verlierer rausgeht.
Was sich bestätigt hat ist, dass diejenigen, die im Jugendzentrum Verantwortung übernommen haben, die sich dort ihre Sporen verdient haben, die findest du nachher auf den Dörfern im Ortsrat, der Feuerwehr oder den Vereinen in maßgeblichen Positionen. Weil die einfach festgestellt haben, dass Engagement für die Gemeinschaft in der man lebt, einen Mehrwert bringt.
Was sind denn die wesentlichen Rahmenbedingungen, damit so ein Treff funktioniert?
Es braucht idealerweise Unterstützung durch die kommunalpolitische Infrastruktur, also dass ich Leute in den Entscheiderpositionen habe, die das Ganze befürworten und tatsächlich auch noch beflügeln. Wir haben Ortsteile, da sind die Ortsvorsteher auch Ehrenmitglieder im Jugendclub. Ich glaube, das ist ein gutes Signal, wenn die zu den Feiern hingehen und haben das T-Shirt mit dem Logo vom Jugendclub an. Wenn es mal zu Krisen kommt, dann kommt ein solcher Ortsvorsteher mit seinem Standing als Vermittler natürlich besser an.
Was denkst du, warum laufen die Jugendtreffs bei euch so gut?
Ich glaub der Grund, warum wir sehr viele sehr gut laufende Jugendclubs haben, die wirklich gut etabliert sind, ist der, dass sie ihren Freiraum spüren, der ihnen von uns auch zugestanden wird. Ich betone das bewusst: Immer wenn ich in die Clubs komme, da gibt es grundsätzlich viele anerkennende Worte von mir. Denn man darf nicht vergessen: Das ist kein Angebot das wir für die Jugendlichen bereitstellen, sondern das stellen die in ihrer Freizeit für sich und ihre Gleichaltrigen bereit.
Die engagieren sich ehrenamtlich, machen was für sich, für die Zivilgesellschaft und für die Gemeinschaft im Ort und das kann man eigentlich nicht hoch genug loben.
Wenn die feststellen, sie können was bewegen, dann sind die auch dabei. Und das ist schön, das muss man auch wertschätzen und dem auch Ausdruck verleihen.
Mir ist an der Stelle auch wichtig noch mal zu sagen, dass ich das Thema Selbstverwaltung da ganz groß schreibe. Da muss schon gehörig was passieren, dass man sich von Seiten des Jugendamtes da einmischt.
Nicht zu vergessen und aus meiner Perspektive entscheidend für den Erfolg ist letztendlich aber auch die sehr gute und enge Betreuung und Begleitung der Treffs durch Euch von juz-united.
Welche Herausforderungen siehst du für die Treffs in der Zukunft?
Ich bin da sehr optimistisch. Ich sehe, dass die Landschaft der selbstverwalteten Jugendzentren und Jugendclubs floriert. Wir haben heute mehr Clubs als noch vor 10 Jahren, als ich angefangen habe. Es kommen immer wieder neue Clubs dazu. Dass das immer eine Berg- und Talfahrt ist, und da auch mal welche für eine Zeit zu machen, bis vielleicht eine neue Generation übernimmt, das liegt in der Natur der Sache.
Das Problem des demografischen Wandels trifft glaub ich die klassischen Vereine mehr als die Jugendclubs. Die Jugendlichen hatten schon immer ihr Bedürfnis nach einem selbstverwalteten, eigenen Treffpunkt, der ein Stück weit erwachsenen- und altenbefreit ist, wo man zusammensitzen kann und seine Musik hören kann. Man kann miteinander abhängen und man ist nicht so unter der Fuchtel der Erwachsenen.
Im Unterschied zu den klassischen Vereinen, bei denen du eigentlich immer eine ältere Generation hast, die den Daumen drauf hat.
Es gibt aber auch Kommunen, die einer Selbstverwaltung kritisch gegenüber stehen.
Wenn Entscheider vor Ort nicht begreifen, welches Potential in den jungen Leuten, die sich in den selbstverwalteten Jugendzentren engagieren, steckt, für ihren Ort, für ihre Gemeinde, dann haben die den Knall nicht gehört. Weil es nicht hoch genug zu loben ist, wenn es durch eine gute Jugendclubarbeit und den Freiraum, den man den Jugendlichen einräumt, gelingt, einen Ort auch jung und lebendig zu halten. Insbesondere gilt dies für strukturschwache Regionen, die in vielerlei Hinsichten abgehängt sind. Besonders dann sind doch das Zukunftspotential und die Kompetenzen bei den jungen Leuten angesiedelt. Und wenn ich die vergraule, verliere ich verdammt viel. Sobald die mobil sind verschwinden die wenn daheim nichts los ist.
Bei uns gibt es viele Jugendzentren wo es hervorragend läuft, weil einfach bei den Entscheidern begriffen worden ist, was an Potenzial für die Gemeinde oder für den Ort drin ist. Auch dass wir die Jugendlichen mal machen lassen, dass wir denen Möglichkeiten geben, sich zu entfalten aber gleichzeitig dort Unterstützung anzubieten, wo es hakt. Und siehe da, dort blüht es dann auf, was die Jugend anbetrifft. Die Ortsvorsteher dort stehen ihren Jugendclubs bei, weil sie um die Qualität des Engagements wissen. Und wenn z.B.
ein Dorffest ist, dann sind die Jungen da, die machen die Zeltkerb, die bauen auf, die helfen beim Weihnachtsmarkt, die verkaufen Glühwein und Waffeln. Das sind so Geschichten, das hat sich aus sich heraus entwickelt. Da ist niemand gekommen und hat gesagt: könnt ihr nicht mal machen. Das kam von denen allein, und der Mehrwert für das Dorf ist enorm.
Das Interview erschien bereits 2017 in der OFFENSIVE! Projektzeitung. Nach Rücksprache mit Ralf Dittgen bestätigte dieser, dass es nichts von seiner Aktualität verloren hat und seine Position zu den selbstverwalteten Jugendzentren und Treffs auch heute wiedergibt.
Ein schönes Beispiel für engagierte Jugendarbeit: Der Jugendclub Habkirchen präsentiert sich 2021 gleich zweimal im SR Fernsehen.