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Verband saarländischer Jugendzentren in Selbstverwaltung e.V.

Heiße Phase und kalte Zeiten

Ein wechselhaftes Jahrzehnt durchlebte der Verband in den 1980er Jahren. Der Hochphase im ersten Drittel folgten zermürbende Krisenjahre, bis ein neues Projekt gegen Ende der Dekade wieder frischen Wind in den Verband brachte. Unruhige Zeiten also, denen in verschiedenen Texten nachgespürt wird.

Neben der Weiterführung der bewährten Angebote des Verbandes wie den Freizeiten und den Vernetzungstreffen, die im Einstiegskapitel dargestellt werden, gelang es ab 1983 erstmals hauptamtliche Fachkräfte für zwei Projekte einzustellen. Über das Projekt „Kultur in der Provinz“ berichtet Sigi Becker mit zwei Texten aus dieser Zeit. Die Beraterstelle für die selbstverwalteten Jugendzentren und Jugendclubs im Landkreis Merzi-Wadern übernahm Joachim Selzer. Mit ihm haben wir uns zu einem Gespräch über seine Projekterfahrungen getroffen. Einen Überblick über das Jahrzehnt im Spiegel der Verbandszeitung gewährt uns Hilde Hoherz mit einer Schwerpunktsetzung auf die Krisenphase. Silvia Bolley berichtet vom Projekt „Macht die Provinz bunt und lebendig“, mit dem neue Perspektiven für die Verbandsentwicklung erkundet wurden. Viel Spaß beim Lesen.

Quo vadis, VSJS?

Diese Frage lag über dem ganzen Jahrzehnt, auch wenn zu Beginn noch von der Euphorie der Anfangszeiten gezehrt werde konnte. Immer noch entstanden neue selbstverwaltete Jugendzenten, vorwiegend im ländlichen Raum. Die als selbstverwaltet gestarteten Jugendzentren in der Stadt Saarbrücken hatten sich bereits kommunalisiert aus der Selbstverwaltungsbewegung verabschiedet. Damit war auch der Streit um den Einsatz von Sozialarbeitern in den Jugendzentren weitestgehend beendet, auch wenn hie und da die Diskussionen nochmals aufflammten.

Die Vernetzung unter den Jugendzentren lief gut und zwar so gut, dass sich immer mehr kreisweite Zusammenschlüsse gründeten. Diese positive Entwicklung erlahmte erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts durch den Rückzug vormals Aktiver aus der Selbstverwaltungsszene. 

Gut liefen auch die Mitgliederversammlungen des Verbandes, wie den Teilnahmestatistiken zu entnehmen ist. Auch hier zeigte sich erst Mitte des Jahrzehnts eine abnehmende Kurve, auch, weil nach und nach altgediente Kader wie Rolf Weishaupt, Willi Kräuter, Manni Weiß, Peter Lauer und andere aus der Vorstandsarbeit ausschieden und eine deutliche Lücke hinterließen.

VSJS Mitgliederversammlung 1981 im Juz Oberthal mit über 100 Aktiven

Als Stabilitätsanker erwiesen sich weiterhin die VSJS-Freizeiten, die über das Jahrzehnt verteilt in die Schweiz, nach Berlin, nach Holland, in die DDR (sowas gab es damals noch), nach Italien und Portugal stattfanden. Siehe hierzu die Artikel unter Freizeiten.

Auch die Geschäftsstelle des Verbandes erlebte wechselvolle Zeiten. Über 10 Jahre fand der VSJS beim Paritätischen in der Feldmannstraße Unterschlupf. Doch im Dezember 1985 war Umzug angesagt. Nun fand man in dem Alternativprojekt Alte Feuerwache in Saarbrücken neue Räume. Allerdings nur vorübergehend, denn von da aus ging es 1987 in die Ludwigstraße 20 und dann 1989 in die Mainzerstraße 35. Hier sollte der Verband nun für längere Zeit verweilen.

Kultur in der Provinz

Der Arbeitskreis „Kultur in die Provinz“ kam durch Initiative einiger Kulturschaffender in Saarbrücken und dem VSJS 1982 zustande. Um dieser Arbeit dauerhaften Rückhalt zu geben, wurde eine AB-Maßnahme beantragt und bewilligt. Zum 1. Januar 1983 konnte Sigi Becker, selbst ein Kulturtreibender, im neuen Arbeitsbereich loslegen.

Sigi machte sich direkt ans Werk und organisierte bereits im Juni ein dreitägiges Festival, das „Provinzballawer“. In seinem Bericht zu dem Event in den NACHRICHTEN kritisiert er ganz grundsätzlich die Kulturpolitik im Land, die auch heute noch aktuell ist:

Kultur verkommt in diesem unserem Lande, im Zuge der Sparmaßnahmen, immer mehr zu einem Luxus, den sich zunehmend nur noch diejenigen leisten können, die ohnehin keinen Mangel leiden. Kreativität, die jedem Menschen zueigen ist, soll sich nach dem Prinzip der marktwirtschaftlichen Hack-Ordnung entwickeln. Das bedeutet, dass Kritisches oder auch nur Ungewohntes hinten runterfallen (so sich nicht in den Augen der Kulturfabrikanten eine Marktlücke auftut) und, dass das Angebot an Vielfältigkeit einbüßt: Ausgewogen und zu seicht befunden!

Dass es auch anders geht, haben die 3 Tage PROVINZBALLAWER – vom 17. – 19. Juni auf der Siersburg gezeigt: Ein Fest, vom VSJS und saarländischen Kulturleuten als Forum zum Kennenlernen, Genießen und Selbermachen konzipiert. 24 Gruppen und Einzelinterpreten sind aufgetreten, mit einem Angebotsspektrum von Liedermachern und Folk(s)musik über Theater und Kabarett bis zu Rock, Jazz und Blues.

Und viele kamen nicht nur mal grad eben zu ihrem Auftritt vorbei, sondern blieben 2 oder 3 Tage. Das zeigt, dass es nicht in erster Linie darum ging, nen Fuß in die Tür zum Großen Geschäft zu kriegen, sondern mehr, sich untereinander auszutauschen, Anregungen zu empfangen und weiterzugeben, In dieser Hinsicht ist dann auch in den Workshops aber auch in spontanen Aktionen neben dem offiziellen Programm, einiges passiert. Mann/Frau hat sich besser kennengelernt und einige neue Kontakte werden sicher auch die Fortführung der Aktion KULTUR IN DER PROVINZ beflügeln.

Von den beteiligten Jugendzentren – aus den Kreisen Merzig, Neunkirchen, Saarbrücken, Saarlouis und St. Wendel – gingen wichtige Impulse aus, was die Versorgung der Bäuche und den Hunger nach politischer Information und Diskussion betraf. Schön war in diesem Zusammenhang, die Bereitschaft vieler Leute, sich an den organisatorischen Dingen, auch an so unangenehmen wie dem Telefondienst weit ab vom Geschehen auf der Burg, zu beteiligen; ein Zeichen dafür dass die Idee der Selbstverwaltung, und das heißt ja auch Eigeninitiative zu entwickeln, noch nicht tot ist. Aber trotz aller guten Erfahrungen ( und die sind unterm Strich bestimmend), bleibt ein Rest schlechter Nachgeschmack: Es ist auf die Dauer weder für die Kulturmacher noch für die nichtkommerziellen Veranstalter zumutbar, dass solche Aktionen zum Null-Tarif durchgeführt werden. So haben die finanzielle Knappheit und das nicht-kalkulierbare Risiko einer Open-Air-Veranstaltung es dem VSJS nicht erlaubt, Gagen an die Auftretenden zu zahlen, Weiterhin mussten wir, um die Fixkosten so klein wie möglich zu halten, auf wichtige Ausstattungen wie z.B. eine windsichere Bühnenüberdachung oder ne fest installierte PA u.a.m. verzichten. Improvisation ist schön und spannend, auf der anderen Seite geht aber über den zusätzlichen Arbeitsaufwand viel Zeit für inhaltliche Dinge verloren: So war es uns nicht möglich, die Nr.50 der NACHRICHTEN auf der Burg, mit den Leuten zu erstellen, oder die geplante Diskussion über Kultur- u. politische Arbeit in der Provinz in größerem Rahmen zu führen.

Daraus leiten wir die Forderung nach öffentlicher Förderung gerade solcher Kulturveranstaltungen ab, die nicht institutionalisiert und in den Städten konzentriert sind, sondern wie das PROVINZBALLAVER und andere Aktivitäten der Jugendzentren versuchen, kulturelle Angebote weiter zu streuen und dorthin zu bringen, wo die Menschen leben. Eine so verstandene Kulturarbeit birgt die Chance in sich, dass Schwellenangst abgebaut wird und ermutigt dazu eigene kreative Fähigkeiten zu entwickeln. Dass dies kein Luxus ist, sondern bittere Notwendigkeit angesichts der sich zuspitzenden gesellschaftlichen und ökonomischen Krise, sollte endlich auch in die Gehirne (falls vorhanden) der Sparapostel dringen.

Essen fassen mit Theo, hinten links (mit Bart), Bernd Rausch (Saarhexe) und Alberto (Cousin)

Sigi Beckers zweites Großprojekt nannte sich „Kulturbasar“ und war eine wilde Zusammenstellung von Kulturinitiativen, Bands, Theatergruppen, politischen und sozialen Gruppen und Alternativbetrieben im Saarland. Ein umfangreiches Kompendium für alle, die sich politisch, kulturell und alternativ engagieren wollten und dazu die passenden Adressen suchten. Im Vorwort erläutert Sigi die Idee hinter dem Vorhaben:

10 Jahre Arbeit des VSJS, über 10 Jahre selbstverwaltete Jugendzentren im Saarland, das sind wechselhafte Erfahrungen: Konflikte und Euphorie, Kämpfe, Resignation und Lebenslust. Dabei war es für den VSJS immer wichtig, diese Erfahrungen zu dokumentieren und über den Tag hinaus verfügbar zu halten. So entstanden in den letzten Jahren zahlreiche Publikationen (nicht nur) für die Juz-Praxis. Zu den Selbsthilfematerialien kommt nun ein neues Buch: Kulturarbeit war von Anfang an ein wichtiger Inhalt des Juz – Alltags. Konzerte, Theateraufführungen, Festivals, dort wo die offiziellen – städtischen – Kulturangebote nicht hinkamen, setzten Gegenpositionen zur Kultur der Gesangvereine und Kaninchenzüchtervereine in der Provinz. In diese teils wohlige, teils krampfige Idylle, brachten die Jungen die Tagesordnung der Querdenker. Die 68er Nachwehen, die Ökologie- und Friedensbewegung zogen ihre eigenen, von keinem Landschaftsplanungsamt abgesegneten Indianerpfade ins “Gäärtsche”.

Dabei entwickelte sich ein neues, ein demokratisches Verhältnis zwischen Vormachern und Publikum. Die Damen und Herren “Künstler” waren greifbar und in ihrer Person kenntlich. Da gab und gibt es keine von Saalordnern und Bühnenklimbim abgeschirmten Stars, die ihren Fans nur Traumschaum hinterlassen. Da stellen sich Menschen dar, die sich kulturell äußern und dennoch kritisierbar bleiben. Diese Nähe war dann auch Auslöser für viele, ihre Zuschauerrolle zu verlassen und sich selbst auf dem Podium auszuprobieren.

KULTUR – ein großes Wort, das sicherlich nicht wenigen Schwierigkeiten bereitet: Das riecht nach Theaterpremieren, Kronleuchtern und Nerzjäckchen, nach Pflichtlektüren und großen Meistern – ANFASSEN VERBOTEN – ‚ kurz, nach den ‚ewigen’ Werten des Abendlandes, hinter denen unser Alltag in Bedeutungslosigkeit zu verschwinden droht. Hier gilt es eine Abgrenzung zu treffen, einen anderen Kulturbegriff zu entwickeln und zu praktizieren, der gerade den Alltag, die Konflikte und gesellschaftlichen Veränderungen zur Kenntnis nimmt. Wenn wir vom alten Wortstamm „‚colore’’ ausgehen, das heißt pflegen, hegen, anbauen, so ist dies, auf den menschlichen Lebensprozess übertragen, die Vervollkommnung, das Wachsen der eigenen Person im gesellschaftlichen Zusammenspiel; – und das kann sich in keinem Fall auf den Konsum sog. höherer Werte beschränken, sondern ist die tätige und vielfältige Auseinandersetzung mit unseren konkreten Lebensbedingungen.

Deshalb dokumentieren wir in diesem Buch nicht nur Gruppen und Einzelne aus der ästhetischen Kiste (Musik, Theater, Bildende Kunst, Medien), sondern auch die vielen gesellschaftspolitischen Initiativen, die Umwelt-, Friedens-, Selbsthilfegruppen, die täglich an einem neuen Stück politischer Kultur arbeiten, in einer Zeit, da von der anderen Seite die Demontage selbstverwalteter Ansätze betrieben wird.

Sowohl Lese- als auch Adressbuch will es den Informationsstand innerhalb unserer  Region verbessern und die Vernetzung politisch – kultureller Initiativen vorantreiben. Wir hoffen, daß die hier vorliegenden Ideen und praktischen Erfahrtingen Nachahmung finden und die Lust am Selbermachen und Zusammenarbeiten wecken.

Wegweisend: Der Juz-Berater im Kreis Merzig-Wadern

Mit der Beraterstelle für die selbstverwalteten Jugendzentren und Jugendclubs wurde Anfang der 80er Jahre im Landkreis Merzig-Wadern eine wegweisende Konzeption geschaffen. Professionelle Unterstützung ohne Bevormundung und Kontrolle, nur den Interessen der Aktiven in den selbstverwalteten Treffs verpflichtet, das war der Kern des Berater-Modells. Da damals die Sozialarbeiterstelle im Juz Merzig vakant war, gab es auch freie Ressourcen. So wurde die Stelle nach einigem Hin und Her bewilligt und nachdem der erste Kandidat nach der Probezeit nicht übernommen wurde, startete am 1. Januar 1984 Joachim Selzer in den Job.
Im Gespräch erzählt er uns die Geschichte des Projektes:

Joachim Selzer bei der Beratungsarbeit

Die Idee mit der Beraterstelle für die Jugendzentren kam eigentlich deshalb auf, weil die Jugendzentren hier im Kreis schon seit 1979/1980 eng zusammengearbeitet haben. Wir haben vom Juz Losheim aus damals diese Kreisjugendtreffen organisiert, später ging das reihum. Es gab zu der Zeit viele Jugendzentren hier im Landkreis, die dadurch gut untereinander vernetzt waren, es gab da einen großen Zusammenhalt. Und wir hatten gute Kontakte zum Kreisjugendamt. Wir hatten zu dieser Zeit schon gemeinsame Veranstaltungen mit dem Zusammenschluss gemacht, zum Beispiel die Feste am Stausee, und mit daraus ist die Berateridee entstanden. Wir haben dann gemeinsam gesagt, wir wollen die Stelle und wir brauchen das auch. Wir machen vieles selber in den Orten, und wir machen alles, wir sind auch vernetzt, aber diese Vernetzung, die muss professioneller werden. Und klar war auch, wenn, dann geht das nur mit dem VSJS, weil das unser selbstorganisierter Dachverband ist.

Und dann gab es im Oktober 81, erste Gespräche zwischen dem Jugendamt und dem Paritätischen (DPWV) und VSJS. Und da muss man auch die Rolle des DPWV sehen, Hans Joachim Trapp, war ja ein absoluter Überzeugungstäter für die Idee der selbstverwalteten Jugendzentren. Der hatte diese Gespräche hier mit eingefädelt und hatte da zum Jugendamt-Team den Boden bereitet, wo damals absolute CDU Mehrheiten waren. Und da war auch der Landesjugendamtsleiter, Herr Zimmer, der war ja auch hier aus dem Kreis Merzig-Wadern. Auch ein sehr engagierter Mann. Der hatte sich mit Hans-Joachim-Trapp sehr dafür eingesetzt. Und beim VSJS gab es Willi Kräuter, der stark dafür gekämpft hat und natürlich Peter Lauer aus dem Juz Losheim, der beim Verband damals zweiter Vorsitzender und Zivildienstleistender war und das ganze Organisatorische dabei geregelt hat.

Unglaublich: Segnung der Jugendzentren beim Kreistreffen vor der malerischen Kulisse des Losheimer Stausees.

Und dann war das so, dass Peter mich Ende 83 angerufen hat, und mir die Beraterstelle angeboten hat. Ich hab damals in einem städtischen Jugendhaus in Mannheim gearbeitet, und das hat mir eigentlich gut gefallen. Aber diese Selbstverwaltungsidee jetzt nochmal professionell weiterführen zu können, das hat mich schon gejuckt. Also es war auch wirklich aus Idealismus heraus, dass ich zugesagt habe. Am 1. Januar 1984, habe ich dann angefangen. Und ich musste nicht viel aufbauen, weil einfach Strukturen da waren. Ich konnte teilweise mit handelnden Personen, die 1980 schon da waren als ich wegging, Anfang 1984 nochmal weitermachen.

Und dann bin ich nochmal eingetaucht und hatte dann auch noch das Büro im Losheimer Juz. Also es war für mich nochmal eine Rückkehr zu alten Wurzeln. Was schon mal für das Engagement, das man entwickelt, aber auch für die Akzeptanz bei den Jugendzentren, gut war. Das hat sich ja auch nachher in den ganzen Demos zum Erhalt der Stelle ausgedrückt. Das geht alles nur, wenn man sich mit dem Laden hundertprozentig identifiziert.

Also, ich hatte das Büro im Juz Losheim. Von daher war da auch immer offene Tür. Und wir hatten von Anfang an monatliche Kreistreffen zum Austausch untereinander organisiert, die Vollversammlungen. Das war dann sozusagen auch mein Resonanzboden. Weil mein Ansatz war, ich warte nicht bis die Jugendlichen kommen, sondern schaue, was die Bedarfe sind, was ist in den Jugendzentren los. Ich bin regelmäßig jede Woche abwechselnd in allen Jugendzentren gewesen. Die haben auch angerufen, ich soll vorbeikommen, weil irgendeine Mitgliederversammlung war, weil eine Vorstandssitzung war, weil irgendein Konflikt war, weil man irgendwas zu organisieren hatte. Dann haben wir auch sehr früh angefangen, von den Kreistreffen ausgehend, eine eigene Zeitung zu machen. Da habe ich so alle paar Wochen ein kleines A 5 Heft zusammenkopiert. Und wir haben dann auch über gemeinsame Veranstaltungen den Zusammenhalt organisiert. Das waren zum Beispiel diese Rock-Konzerte, das waren die großen Veranstaltungen hier im Saalbau, die dann auch gemeinsam organisiert wurden von allen Jugendzentren.

Joachim bei der Indoktrination während eines Juz-Seminars 1984

Natürlich gab es auch Jugendzentren, die sich da mehr eingebracht haben. Zu der Zeit war das Merziger Jugendzentrum schon nicht mehr in der Brauerstraße, das war schon abgerissen, die waren in der Altstadt, wo es schon ein bisschen kleiner war, glaub ich. Die waren aber auch gut mit dabei. Dann waren auch viele sehr politische Jugendliche dabei, Orscholz war dabei, Beckingen war dabei, Losheim. Dann war Weiskirchen dabei und der Jugendclub Wadrill, zum Beispiel war noch sehr aktiv. Zu der Zeit gab es so 8 bis 10 Jugendzentren und Jugendclubs.

Die wurden auch durch diese Zusammenarbeit ganz anders wahrgenommen. Und ich glaube, genau dieser Zusammenhalt und auch diese Veranstaltungen, die zusammen gemacht wurden und auch mit politischen Themen gemeinsam aufzutreten und damit auch als politische Kraft aufzutreten, das hat der CDU nicht gefallen. Wir hatten in den Zeitungen, die ich verantwortet habe, natürlich auch politische Themen drin. Die Jugendlichen waren politisch und wollten das auch ausdrücken. Die wurden mir nachher auch als „Beweis“ vorgehalten.

Peter Lauer und Joachim Selzer beim Kreisjugendtreffen

Die CDU hatte damals absolute Mehrheiten in Losheim, in Mettlach sowieso, und in Merzig auch und im Kreistag auch. Ich bin damals auf der Grünen-Liste in Losheim in den Gemeinderat nachgerückt und dann bin ich nur noch auf der parteipolitischen Schiene wahrgenommen worden. Das Standardargument der CDU gegen uns war, der Joachim Selzer hat die Jugendlichen politisch verführt und nachher gehen die alle zu den Grünen, also das geht gar nicht. Und das führte dann zu diesem Bruch. Das ging dann hin und her mit öffentlichen Vorwürfen seitens der CDU und mit Stellungnahmen der Jugendzentren und des DPWV. 

Im Dezember 84 kam es dann zu einer Sitzung des Jugendwohlfahrtsausschusses (JWA) mit einer Demonstration der Juzen und es wurden 600 Unterschriften für den Erhalt der Stelle überreicht. In der folgenden Kreistagssitzung wurde dann aber das Votum des JWA übergangen und der Vertrag gekündigt. Obwohl eingeladen, wurden der VSJS und die Jugendzentren nicht mehr angehört und es kam dann zu heftigen Tumulten. Das war alles sehr unwürdig. Aufgrund des Vertrages konnte ich dann noch bis Mitte 85 die Stelle weiterführen.

Obwohl das Beratermodell an den politischen Bedingungen der damaligen Zeit scheiterte, wurde die Konzeption Mitte der 90er Jahre wieder aufgegriffen und bildet bis heute die Grundlage für die professionelle Unterstützung der saarländischen Selbstverwaltungsszene durch den Dachverband.

Juz-Aktive auf den Zuschauerrängen bei der entscheidenden Kreistagssitzung. Später wurde die Sitzung von dieser Meute gesprengt.

Krise und Neustart

im Spiegel der VSJS-Nachrichten

von Hilde Hoherz

Die Anfangsjahre der Jugendzentrumsbewegung in den 1970ern waren von einem allgemeinen Hochgefühl begleitet, sowohl in den Jugendzentren als auch beim VSJS in seiner Gründungsphase. In den 1980er Jahren verlor dieses Gefühl zunehmend seinen Glanz. Die Vorwärtsentwicklung stagnierte zuerst und wurde dann zur  Rückwärtsentwicklung, deren baldiges Ende heraufbeschworen wurde.
Ende der Dekade formierte sich in den ländlichen Gebieten ein Neustart, der die Jugendzentrumsbewegung wieder nach vorne brachte.

Jugendzentrumsbewegung in der Krise

In der Bestandsaufnahme des Sonderbeitrages vom VSJS zum Jubiläum „10 Jahre VSJS“ wird das Jahr 1982 als Beginn der Krise gesetzt, als das Jahr der Wende auch innerhalb der Jugendzentrumsbewegung. Demnach zeichnet sich ab 1982 ein Stillstand ab sowohl bezüglich der Finanzen als auch bezüglich der Vernetzung mit den Jugendzentren. Die bisher gegebenen Zuschüsse aus dem Bußgeldtopf der öffentlichen Hand blieben aus, weil kaum noch Bußgelder eingezogen werden. Gleichzeitig nehmen die Ausgaben zu, weil die Kosten für Benzin, Seminare und Freizeiten steigen. Bei der Zusammenarbeit mit den Jugendzentren gehen die Kontakte deutlich zurück und der VSJS beschäftigt sich zunehmend mit internen Problemen.

Zur Einschätzung dieser Wende finden sich in den VSJS-Nachrichten einige Positionspapiere im Zeitraum 1983 bis 1986: Dabei handelt es sich um zwei Leserbriefe, um Stellungnahmen des VSJS, um die Darstellung der Diskussion zur Jugendzentren-Krise bei einem bundesweiten Seminar sowie um einen autobiografisch geprägten Beitrag.

Im Jahr 1984 stellt Albert Herrenknecht (alias Obelix) ein übergreifendes Thesenpapier vor, das bei einem bundesweiten Seminar in Frankfurt erarbeitet wurde. Unter dem Titel Wohin geht die Jugendzentrumsbewegung? wird diese Diskussion dokumentiert.

Nach der Ausgangsthese steckt alle selbstorganisierte politische Jugendarbeit in der Krise, die auf vielen verschiedenen Faktoren beruht. Dazu gehören unter anderem: Immer mehr aktive Jugendliche und Hauptamtliche steigen aus. Bisherige Jugendarbeitsformen wie Selbstverwaltungszentren oder Veranstaltungen zum Erfahrungsaustausch finden kaum noch statt. Die Resignation der Jugendlichen nimmt zu, unter anderem wegen der steigenden Arbeitslosigkeit und der regierungspolitischen „Wende“ zur CDU/FDP Koalition von 1982. In der Bewegung gibt es Entsolidarisierungstendenzen zwischen Jugendszenen, die sich – wie zum Beispiel die Punk-Szene und die Friedensbewegung – gegenseitig ausschließen. Die neue Generation in den Jugendzentren hat eher ein Anspruchsdenken als ein Bewusstsein für Selbstorganisation. Die direkte politische Kultur der Jugendzentren geht im Alltagskampf in den Häusern verloren. Die Jugendzentren sind nicht mehr der zentrale Ort für politisches Lernen, sondern nur noch einer von vielen. Die Orte für politische Prozesse verlagern sich zu den Treffpunkten von Bürgerinitiativen, Frauengruppen, Friedensgruppen etc. Die Politisierung der Freizeit wird erschwert durch verstärkte kommerzielle Konsumangebote. Die zunehmende Perspektivlosigkeit vor allem wegen der wachsenden Jugendarbeitslosigkeit läuft auf ein Ende der Freizeitarbeit hinaus. Aus der Gesellschaftspolitik wurde Jugendpolitik und korrespondiert mit der Wegentwicklung von der Selbstorganisation als politische Struktur hin zur Selbstverwaltung als formaler und pädagogischer Struktur. Die ländlichen Jugendzentren sind auf einer realistischeren Ebene gelandet und haben sich von nicht einlösbaren Fremdansprüchen wie die unreflektierte Übernahme von städtischer Aktionskultur gelöst. In der Provinz haben die Jugendlichen gelernt, sich mit ihrer spezifischen Kleinstadtsituation auseinander zu setzen und nicht mehr nur Freiraum zu sein. Den Jugendzentren auf dem Land ging es um Freizeitangebote meist ohne Bezug zu einer politisch 1 definierten Jugendarbeit. Aus diesen Krisenfaktoren ergibt sich die Frage: Ist die
Jugendzentrumsbewegung zu Ende oder nur in einem Prozess grundlegenden Wandels?

Die darüber hinaus erschienenen Positionspapiere bezogen sich eher auf den Einzugsbereich des VSJS und die persönliche Wahrnehmung im Saarland. Die Frage nach veränderten Ansprüchen der Jugendlichen war 1984 auch zentrales Thema im VSJS-Vorstandsseminar. Im Bericht über das Seminar wird gefragt: Nehmen die sozialen Spannungsfelder Einfluss auf den Betrieb selbstverwalteter Jugendzentren? Nehmen die neuen Politfelder wie Bürgerinitiativen, Protestbewegungen oder auch „alternative Kneipen“ den Jugendzentren den Wind aus den Segeln? Welche Rolle spielen die Jugendzentren in dem veränderten Aktionsspektrum?

Unter dem Titel Zeit für Jugendzentren vorbei? erörterten Roland Röder aus dem Jugendzentrum Losheim und Christian Löw aus Konz ihrer Erfahrungen. Roland schätzte die JUZ-Entwicklung als ziemlich aussichtslos ein. Seiner Meinung nach fehlt inzwischen nicht nur die bis 1982 erfolgreich vollzogene Emanzipation auf politischer, kultureller und sozialer Ebene. Sogar die reine Konsum-Bereitschaft ist verschwunden. Diese Gleichgültigkeit kennzeichnet für ihn auch das Verhältnis zwischen Jugendzentren und VSJS. Anspruchsvolle Texte zu lesen oder anspruchsvolle Musik zu hören – das ist den Jugendlichen inzwischen zu anstrengend. Dabei handele es sich nicht um eine vorübergehende Krise. Es handele sich bei dem negativen Lebensgefühl der Jugendlichen um eine Abwärtsspirale, die noch nicht abgeschlossen sei. Vor allem Arbeitslosigkeit und die Regierungswende führten zu Apathie und Resignation. Wenn für diese Abwärtsbewegung nicht bald eine Bremse gefunden werde, dann sei die Zeit der Jugendzentren unwiderruflich vorbei.

Christian war nicht ganz so pessimistisch. Seiner Ansicht nach war die Jugendzentrumsbewegung in den 1970er Jahren noch der politische „Ziehvater“ der Jugendlichen, angelehnt an den Freiheitsbegriff der Studentenbewegung. In den 1980er Jahren ist das Spektrum der Alternativbewegungen schon viel breiter: die Mitglieder von Frauengruppen, Friedensgruppen, Anti-AKW-Gruppen etc., verbrachten ihre „politische Kindheit“ in den Jugendzentren und wurden dabei selbständig. Dort lernten sie Verantwortung zu übernehmen, sowohl gegenüber einer Sache als auch für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft. Diese indirekte politische Kultur entsteht ebenso wenig in politischen Gruppen wie direkte politische Kultur in den Jugendzentren entsteht. Daraus ergaben sich für Christian die Fragen: Soll eine rückläufige Bewegung gefördert werden, die alle politischen Gruppen wieder im JUZ integriert? Oder soll die indirekte politische Kultur, vor allem die alternative Sozialisation, gefördert werden? Und was kann gegen Passivität und Konsumhaltung getan werden? Seiner Meinung nach wäre die Anpassung an traditionelle Konsumangebote wie Kneipe und Mainstream-Musik nicht gut. Auch Schimpfwörter wie „passive Hänger“ oder „Glotzer“, mit denen Roland die  Jugendlichen bezeichnete, führen nicht weiter. Helfen kann seiner Meinung nach nur unübersehbares Engagement von einzelnen Aktivisten.

„Von Selbstverwaltung zu Selbstbefriedigung“ betitelte Wolfgang Schirra 1986 seinen Krisen-Beitrag in Nummer 61. Unter der Frage „Was war?“ schildert er zuerst seine positiven Erfahrungen als Neuankömmling im Jugendzentrum Eppelborn, wo er sich sofort angenommen und respektiert fühlte. Schnell lernte er sowohl zu organisieren und zu diskutieren und als auch sich gegen jede Art von Druck zu wehren, in der Schule als oder privat oder auch von Seiten der Ämter. Auch praktische Sachen wie die Herstellung von Broschüren oder Flugblättern oder Thekendienst in der Teestube gehörten bald zu seinen neuen Fähigkeiten. In den ersten Jahren war er rundum zufrieden und identifizierte sich mit seinem Jugendzentrum in Eppelborn. Unter „Was wurde?“ beschreibt er die Veränderungen, die 1985 einsetzten. Fast alle alten Aktivisten verließen das Jugendzentrum und mit diesem Generationenwechsel schwand auch die Solidarität. Die Neuen stellten die Mehrheit und sie meckerten und kritisierten alles und jeden und kümmerten sich um nichts und das gut organisierte Jugendzentrum verkam zu einer “Suff- und Suddelkneipe“. Die Auflösung der Zusammenarbeit innerhalb des Zentrums führte bei der Zusammenarbeit außerhalb des Zentrums so weit, dass sogar mit einem CDU-Sozialarbeiter zusammengearbeitet wurde. Als es um ein Angebot für asylsuchende Jugendliche ging, kam es zu ausländerfeindlichen Sprüchen. Ein grundloser Polizeieinsatz gegen eine Party wurde widerstandslos hingenommen, ja sogar gutgeheißen. Unter „Was ist?“ kommt er zu dem Schluss, dass es nicht möglich ist, das Jugendzentrum Eppelborn zur Selbstverwaltung zurückzubringen.

Erste Schritte aus der Krise

1987 kam es im VSJS zunächst zu einer organisatorischen Änderung. Da die wenigen verbliebenen Aktiven mit letzter Kraft den Zentrumsbetrieb aufrechterhielten und sich gegen Gemeinde und Behörden wehrten kamen kaum noch Personen zur Mitgliederversammlung. Diese Versammlungen hatten in den guten Zeiten mit vielen Personen stattgefunden und das bis zu zehn Mal im Jahr; jetzt kamen zwei bis drei Personen oder gar keine. Deshalb wurde 1987 auf dem Landestreffen der Jugendzentren beschlossen, die Mitgliederversammlungen und die Vorstandssitzungen des VSJS zusammenzulegen. Damit blieb für die noch einigermaßen aktiven Zentren die Verbindung zum VSJS erhalten.

Um diesem Anspruchsdenken entgegenzuwirken organisierte der VSJS wöchentlich eine Fahrt zu einem Jugendzentrum, bei denen die Kontaktschwierigkeiten aufgeweicht werden konnten. Beim „sproche“, d.h. bei den Unterhaltungen, wurden gegenseitige Erfahrungen ausgetauscht und die Verständigung wurde schnell deutlich besser. Die Rundfahrten schliefen aber auch schnell wieder ein und es wurde nach einem professionelleren Zugang gesucht und der wurde auch gefunden.

Die Informationen zur Jahreshauptversammlung im Frühjahr 1989 hören sich schon wieder ein bisschen vielversprechender an. Unter VSJS intern wird gemeldet, dass 19 Teilnehmende aus acht Jugendzentren über Aktivitäten berichteten wie Siebdruck, Videoarbeit, Kino, Kneipe, Konzerte oder Grillfeste. Sie klagten aber auch nach wie vor über die verstärkte Konsumhaltung der Jugendlichen, die den VSJS inzwischen als Dienstleistungsunternehmen ansähen, das zu wenig für sie tue. Damit seien die Jugendlichen meilenweit vom Selbstverständnis des VSJS entfernt, denn es gehe um Selbstverwaltung und nicht um Dienstleistung.

Neustart im Zirkuswagen

Im Sommer 1989 gelang dem VSJS der Durchbruch. Der Schwerpunkt für die  Wiederherstellung des Netzwerkes zwischen VSJS und Jugendzentren lag bei den Zentren und Initiativen in den ländlichen Gebieten. Um diese Verbindung zur Landjugend zu stärken, hatte der VSJS 1988 das sogenannte Zirkuswagenprojekt gestartet – ein Modellprojekt mit dem Titel „Macht die Provinz bunt und lebendig“. Ein Zirkuswagen (zum Teil auch als Bauwagen bezeichnet) wurde gekauft und ausgebaut und mit Anlagen für Video, Siebdruck, Buttonherstellung und Fotolabor ausgestattet. In den Sommerferien
1989 zog der VSJS sechs Wochen lang mit diesem Wagen im Bliesgau von Dorf zu Dorf, blieb dort je eine Woche, stellte Kontakt zu Jugendlichen her und vermittelte Ideen, wie dem ereignislosen Dorfleben selbstorganisierte Alternativen entgegengesetzt werden können. Unter dem Motto „Spiel-Spaß-Spannung für jung und alt“ reiste der Wagen freitags an und startete mit einem Kinotag – mit Filmen, die vom Kino im Projektehaus „Feuerwache Saarbrücken“ oder von der „Kinowerkstatt St. Ingbert“ gemacht worden waren. Samstag war der Feten-, Disco- und Musiktag.

Das Angebot zur Freizeitbeschäftigung war vielfältig. Die Clownerie Tätigkeiten reichten vom Stelzen bauen über Jonglieren und Akrobatik bis zum Feuerspucken. Außerdem standen Musik, Theater, Video, Fotos, Wandmalerei, Maskenbau & Schminken auf dem Plan. Zur Stärkung gab es täglich Essen und Trinken – entweder Kaffee und Kuchen oder Pizza oder Suppe („Subb“). 

Diese Kontaktaufnahme sollte den bürokratischen Weg zwischen VSJS und  Jugendzentren abkürzen. Außerdem wurde gemeinsame Planung für politische und kulturelle Veranstaltungen angestrebt.

Diese Aktion auf dem Land kam sehr gut an. Groß waren sowohl das Angebot als auch die Nachfrage. Die Anregungen wirkten. Es wuchs das Interesse, auch ohne Bauwagen aktiv zu werden. Mit dem wachsenden Bedürfnis nach selbst gestalten und selbst verwalten schwanden die Ansprüche an fertige Angebote.

Die Jugendzentrumbewegung formierte sich neu und begab sich auf den Weg zur Institutionalisierung. Durch den VSJS als selbstverwaltetes Bindeglied etablierte sich ein klar strukturiertes Netz aus dem Verband und seinen Mitgliedern. Damit wuchs für die öffentliche Hand auch die Berechenbarkeit und mit ihr die Förderwürdigkeit und die finanziellen Zuwendungen nahmen kontinuierlich zu. Gleichzeitig blieb die Struktur aber auch selbstverwaltet und musste nicht die kommunalen Erwartungen an offene Jugendarbeit in die Jugendzentren hineintragen.

Zirkuswagen unterwegs

von Silvia Bolley

Das Zirkuswagenprojekt beschreibt eine Übergangsphase. Eigentlich wurde daraus so etwas wie eine Rettung des Verbandes und der Juz-Landschaft, die sich beide in Auflösung befanden, wie zuvor ausführlich beschrieben wurde. 

Totgesagte leben länger?

Trotz aller Schwierigkeiten wurde der VSJS von einigen Engagierten weiter aufrechterhalten. Und es fanden sich auch wieder neugierige Juzler, die unbedingt in die Verbandsarbeit einsteigen wollten und dies auch taten.  Nach längerem Vorlauf mit Konzeptentwicklung etc.  begann zudem 1988 das Projekt „Macht die Provinz bunt und lebendig“. Was zwischen 1984 und 1988 noch alles gelaufen ist: zum Beispiel u.a. die Freizeiten nach Selena, Italien und Aveiro, Portugal sowie der Umzug in die Mainzerstraße. 

Unter dem Motto „Zirkuswagen unterwegs“ wurde das Projekt umgesetzt und schaffte es, die Verbindung zu den Jugendzentren wieder zu stärken. 

Zirkuswagen
Das nennt man heute Upcycling - damals Müllworkshop

Dieses Modellprojekt der außerschulischen Jugendarbeit – der Zirkuswagen unterwegs –  wurde vom Sozialministerium des Saarlandes mitfinanziert und hatte zum Ziel, selbstorganisierte Aktivitäten der saarländischen Jugend zu unterstützen und Alternativen zu einem rein konsumorientierten Freizeitverhalten gemeinsam mit den Jugendlichen entwickeln. Auch das Arbeitsamt förderte das Projekt in Form von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen: (ABM) – Stellen wurden genehmigt und der sehr hilfsbereiten Mitarbeiterin im Arbeitsamt Saarbrücken sagen wir hier noch im Nachhinein ein Danke vielmals.

Der Zirkuswagen diente nach dem Auslaufen der Modellprojektförderung weiterhin als mobiles JUZ und wurde von vielen Juz-Inititiativen wie z.B. auch Blieskastel oder Eppelborn ausgeliehen. Irgendwann wurde er leider von irgendwelchen Vandalen oder politischen Feinden durch Brandstiftung zerstört. In Flammen aufgegangen und nie aufgeklärt…

Alles fing damit an, dass Mitte der 80er Jahre im VSJS die Erkenntnis, den Kontakt zu den Jugendzentren mehr und mehr zu verlieren, unaufhaltsam ins Bewusstsein der einzelnen Aktiven drang. Es entwickelte sich eine intensive Diskussion über diese kritische Entwicklung.  Der VSJS war quasi auf der Suche nach seiner Basis. Wolle beschreibt es in den „Nachrichten“ folgendermaßen: „Ein erster Versuch, die Situation zu verbessern, war die Planung einer VSJS – Rundreise, d.h. es wurde geplant jede Woche in ein anderes Juz zu fahren, „zu sproche“, Verbindungen zu knüpfen, zu erfahren, was los ist und was so geplant wird“. Diese Rundreisen waren in der Tat sehr erfolgreich…Was blieb, war die Erkenntnis, dass sowas unbedingt nochmal versucht werden müsste. Nur professioneller und durchdachter sollte es sein. Die Bauwagenidee war geboren!. Mit dem Bauwagen sollten (ähnlich wie mit der Rundreise) Jugendzentren für eine gewisse Zeit besucht werden (im Gegensatz zu den Tagestouren). Damit sollte der lange bürokratische Weg über das VSJS-Zentrum aufgehoben werden. Im Bild das VSJS-Büro mit einigen Aktiven auf der Suche nach der Basis

Es wurde also ein Antrag auf Modellprojektförderung gestellt und unerwartet auch genehmigt. Vorheriges Projekt war der „Kulturbasaar“ unter dem Motto „Kultur in die Provinz“. Dies wurde erfolgreich durchgeführt und ein Anschluss an diese Idee war nur naheliegend. Unter dem Motto „Macht die Provinz bunt und lebendig“ legten dann einige Unerschrockene los. Unerschrocken oder eben nur unwissend, was da auf sie zukommen sollte. Aber in der VISION liegt die Kraft :-). 

Das VSJS-Büro Ende der 80er in der Mainzerstraße

Der inhaltliche Schwerpunkt lag 1988 auf einer Spurensicherung zum Thema „Nationalsozialismus im Saarland“, die damals zusammen mit Georg Vogel vom BDKJ Illingen durchgeführt wurde. 1989 zog der Zirkuswagen durch etliche Dörfer des Bliesgaus und bot Konzerte, Open Air Kino, Clownerie, Videoworkshops (ein sehr lustiger Krimi entstand dabei) Theater und mehr zum Mitmachen an. Das Projekt ließ sich gut an, die Jugendzentren machten mit, alle hatten Spaß und es ging wieder vorwärts. Bis 1992 war der Zirkuswagen unterwegs. Dann rollte er als Pop-up Juz weiter durchs Saarland.

Juz oder Juze nennen heute die Jugendichen in Illingen oder Dillingen, in Dudweiler oder Ludweiler den Ort, das Haus, den Bereich, wo sie ihr eigener Herr sind.
Manch bravem Bürger sind diese Orte immer noch nicht geheuer, diese — wie sie der Anwohner oder der zuständige Kommunalpolitiker auch heute mitunter noch nennt — „Haschbuden”, „Randalierschuppen” oder „Zentren der Erregung öffentlichen Ärgernisses”.

Hier in Steinberg wurde wahrscheinlich sehr viel gegrübelt über die Finanzen
MV 1981 im Juz Oberthal-Gronig - gudd was los
VSJS Büro in Malstatt - Ludwigstraße zu Beginn der 80er
Umzug in den Feuerdrachen 1985
VSJS_Büro_Mainzerstraße zum Ende der 80er
Das Zirkuswagenprojekt prägte die schwierige Übergangsphase von den 80ern in die 90er