In den frühen siebziger Jahren war was los. Die Jugendzentrumsbewegung erreichte das Saarland. Die ersten selbstverwalteten Jugendzentren wurden gegründet und sorgten für Aufruhr und Widerstand. Der Austausch unter den Aktiven führte schnell zu der Überlegung, eine gemeinsame Interessenvertretung zu organisieren. Die Idee eines Dachverbandes der Jugendzentren war geboren. Nach einer Vorlaufphase fand dann die offizielle Gründungsversammlung 1974 statt.
Es folgt ein (leicht veränderter) Bericht aus den „Nachrichten“, der Zeitung des Verbandes. Er beschreibt detailliert die Anfangsphase des Verbandes. Der erste Teil beschreibt die Chronologie und die Auseinandersetzungen in den 70er Jahren.
Entstehung, Institutionalisierung und Wandel
50 Jahre sind es her, als am 28. April 1974 die Gründungsversammlung des VSJS im Theater am Ring in Saarlouis stattfand. Zuvor gab es schon Kontakte unter den Aktiven der Jugendzentren. Vor allem aus Lebach, Saarlouis, Merzig, Dillingen, Heusweiler, Siersburg, Riegelsberg, Neunkirchen und vom Eschberg in Saarbrücken sowie aus Wallerfangen.
Die meisten kannten sich. Sie besuchten sich gegenseitig weil Freundschaften entstanden sind und aber auch, um Ideen für den Forderungskatalog gegenüber der Gemeinde zu sammeln oder Aktionsmöglichkeiten in Jugendzentren auszutauschen. So gab es schon fast ein Jahr zuvor, am 13. Mai 1973 ein allererstes Treffen, ebenfalls in Saarlouis um einen Zusammenschluss der Jugendzentren vorzubereiten. Wegen formeller Hürden kam es dann erst 1974 zu der erfolgreichen Gründungsversammlung.
Dabei wurde der „vorläufige“ Vorstand fast vollständig neu besetzt.
Die Jugendzentrumsbewegung hatte das Saarland gerade erst ergriffen und schon hatte man die Vereinsgründung im Blick. Der Name war auch schon klar: Verband Saarländischer Jugendzentren in Selbstverwaltung, kurz VSJS.
Die letztendliche Eintragung des Verbandes ins Vereinsregister erfolgte jedoch erst über ein Jahr später – Mitte 1975.
„Im Saarland ist man mit Vereinsgründungen eben schnell bei der Hand“
Die Aufgaben des Verbandes sollten vor allem in Beratung, Öffentlichkeitsarbeit, Bildungsarbeit, Erschließen von neuen Finanzquellen, Förderung von Kontakten untereinander liegen – im Rahmen einer festeren Organisationsform (eingetragener Verein) sollte die Juz-Bewegung unterstützt werden.
Jedenfalls war es im Saarland nicht primär der Problemdruck in in den Jugendzentren mit Konsumverhalten, Drogen und Aggressivität, der Triebfeder der Zusammenarbeit war. Diese Probleme waren erst im kommen. Nein, man wollte die Juz-Bewegung einfach voranbringen, ausbauen, stabilisieren. Dies war im Saarland aufgrund seiner kleinen Fläche noch relativ leicht möglich. Zudem fiel gerade hier die Juz -Bewegung auf „fruchtbaren“ Boden. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern gab es im Saarland kaum Angebote für einigermaßen selbstständige Jugendarbeit. Alles war – und ist zum großen Teil auch noch – in Vereinen organisiert. Und wenn mal irgendwo „offene Jugendarbeit“ lief, dann in teuren, einseitig nur auf Tanz und Partnerschaft ausgerichteten Diskos – incl. Konsumzwang natürlich.
Vielleicht ging auch etwas Vereinsmeierei mit ein, als sich die Leute ‚der ersten Stunde´ überlegten, welche Organisationsform die Zusammenarbeit erhalten sollte. Zudem kam, daß sich im Saarland von Anfang an der (gewohnte) Verein ein rechtlich-organisatorischer Rahmen der Jugendzentren durchsetzte. Dies geht offensichtlich auf den Einfluss der anfangs noch oft anzutreffenden Juzler zurück, die in Parteien organisiert waren. Die meisten im ersten VSJS Vorstand waren denn auch Mitglieder der SPD. Der erste 1.Vorsitzende kam aus Saarbrücken: Thomas Böhme. Da noch kein Büro zur Verfügung stand, war seine Adresse die vorläufige Geschäftsstelle.
Die ersten Aktivitäten des neugegründeten Verbandes betrafen einerseits die Anerkennung, andererseits Forderungen nach außen hin. Der Verband sollte als ‚eingetragener Verein!‘ (e.V) ins Vereinsregister, er sollte als gemeinnützig und jugendpflegetreibend förderungswürdig anerkannt werden usw. – all das, was auf dem Wege der staatlichen Förderungsmaschinerie zu holen war.
Die ersten Forderungen:
Demokratisierung - Selbstverwaltung - öffentliche Mittel
Andererseits wurde ein Punkteprogramm zur Kommunalpolitik diskutiert. Die Demokratisierung, sprich Selbst- und Mitbestimmung in allen kommunalen Bereichen wurde gefordert. Damit verbunden die Einrichtung eines Jugendrates und dem generellen Rederecht von Bürgerinitiativen in den zuständigen Ausschüssen.
Die Initiativen der offenen Jugendarbeit sollten den anderen Verbänden in einer Forderung gleichgestellt werden – im gleichen Atemzug wurde jedoch nur noch die Unterstützung solcher Einrichtungen gefordert, die nach dem Prinzip der Selbstverwaltung organisiert sind.
Diese Jugendpolitik ‚antikapitalistischen Charakters!“ bedeutete auch die Ablehnung des sog. Subsidiaritätsprinzips. Dieses Prinzip besagt auf die Kürze gebracht, dass der öffentliche Geldgeber die Aktivitäten freier Verbände vor seinen eigenen zu unterstützen habe. Mit der Ablehnung dieses Prinzips war dazu die Auffassung verbunden, dass es keine freien und damit vom Staat unkontrollierten Träger geben dürfe, genauer: auch die Inhalte freier Jugendarbeit sollten vom Staat direkt bestimmt werden.
Diese Auffassung steht jedoch der heutigen Linie des VSJS entgegen: der Ausbau staatlicher Kontrolle bedeutet doch den Abbau von selbstverwalteten Bereichen. Hieß die Forderung damals aus subjektiver Sicht ‚Selbstverwaltung‘, so ging sie objektiv über eine ‚Mitbestimmung‘ nicht hinaus.
Selbstverwaltung war anfangs nur als Mitbestimmung geplant!
Dieser Widerspruch wurde im Laufe der kommenden Jahre aufgelöst – dies nicht etwa durch die konservativen Vertreter dieses aus der katholischen Soziallehre gefolgerten Prinzips der Subsidiarität. Die Selbstverwaltung in allen Lebensbereichen ist einer der grundlegenden Forderungen anarchistischer Positionen.
Der Weggang parteipolitisch organisierter Jugendlicher aus den Jugendzentren und die zunehmend auf Repression, Demokratieabbau, AKW-Ausbau und Aufrüstung gerichtete Politik der ‚Etablierten‘ begründete die Verbreitung anarchistischer Positionen gerade an diesen selbstorganisierten Orten. Immer verbreiteter fand man das A-Symbol mit Utopien wie ‚keine Macht für niemand‘ und eben den Forderungen nach Selbstverwaltung und Selbstorganisation. Eine deutliche Gegenposition also zu der zentralistischen Auffassung staatlicher Kontrolle, die heute nur noch von den Kommunisten durchgängig gehalten wird.
1 Betreuer pro 20 Jugendliche!
Nicht nur die widersprüchliche Forderung nach staatlicher Kontrolle wurde in der Folgezeit im VSJS heftig kritisiert. Die ersten VSJS-Leute forderten auch die Bereitstellung eines Betreuers pro 20 (!) Jugendlichen. Probleme im Juz-Alltag wie Konsumentenhaltung, Drogenkonsum, Aggressivität ließen schnell die Forderung nach hauptamtlicher Hilfe aufkommen. Die erste Absicht war jedoch noch die, daß Sozialarbeiter den Jugendlichen befähigen sollten, sich Selbstzuverwalten – eine verhängnisvolle Annahme, wie sich später zeigen Sollte.
Die Anfangszeit des VSJS war noch nicht dadurch gekennzeichnet, daß man sich mit Problemen im Juz-Alltag beschäftigte, sondern daß man seine Ideen und Ansprüche zu Forderungen formulierte. Nicht nur das erwähnte kommunalpolitische Papier, das zur anstehenden Kommunalwahl erstellt wurde, ging reihum. Auch ein Arbeitspapier, das in allen Jugendzentren diskutiert werden sollte, wurde geplant, ein Thesenpapier mit den pädagogischen, psychologischen, juristischen und politischen Grundlagen des Verbandes wurde vorbereitet. Die Vermittlung und Diskussion dieser Papiere in den einzelnen Jugendzentren machte damals schon Schwierigkeiten. Sie waren denn auch mehr zur ‚Außenpolitik‘ gedacht.
Land verweigert Anerkennung
Neben diesem ´inhaltlichen Programm‘ waren jedoch noch viele technisch-organisatorische Hürden zu nehmen. Der VSJS sollte vom Land nicht anerkannt werden. Unter Mitwirkung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV), insbesondere des Bildungsreferenten des Paritätischen Bildungswerkes (PBW), Hans-Joachim Trapp, wurden Gespräche geführt und die VSJS-Satzung nach und nach den Forderungen des Landes angepasst.
Anfängliche Turbulenzen
Am Anfang ging es im VSJS personell recht turbulent zu. Schon vier Monate nach der ordentlichen Verbandsgründung wurde ein neuer Vorsitzender mit zwei neuen Vorstandsmitgliedern gewählt. Erwin Lavall, neuer 1. Vorsitzender, suchte die Forderungen des Verbandes in Gesprächen mit der damaligen Sozialministerin Waschbüsch, den Landtagsfraktionen und den Jugendorganisationen der Parteien zu diskutieren. Gleichzeitig wurde damit der VSJS in den Köpfen dieser Ansprech´partner‘ etabliert – ein weiterer Schritt zur Institutionalisierung des Verbandes.
Die Zusammenarbeit mit dem DPWV führte zur Einrichtung eines kleinen Büros im neuen DPWV-Gebäude in der Feldmannstr. 92 in Saarbrücken. Ab Anfang 1975 stellte der DPWV dazu eine halbe ZDL-Kraft für die Verwaltungsarbeit des VSJS zur Verfügung.
Mit der Anerkennung des VSJS konnten endlich Landesmittel beansprucht werden. Der Haushaltsumfang von 450,– DM im Jahr 1974 Stieg in den darauffolgenden Jahren auf zig-tausende an. Dabei haben wir Rolf Weishaupt (Saarbrücken) viel zu verdanken, der über acht Jahre hinweg den Finanzreferenten des VSJS stellte.
Erstes Zeltlager der Jugendzentren
Mit mehr Geld wurden auch mehr Möglichkeiten eröffnet. Am 17./18.August 1974 stieg unsere erste Freizeit, an Pfingsten 1975 die nächste. Es waren Zeltlager in der näheren Umgebung, die kaum Kosten verursachten und leicht erreichbar waren. Bald sollten die ersten längere Freizeiten folgen.
Vom 6.-14.9.75 nahmen wir zum ersten Mal an der Saarbrücker Verbrauchermesse „Welt der Familie“ teil. Die Absicht, die Juz-Bewegung dadurch mehr an die Öffentlichkeit zu bringen, konnte nur begrenzt verwirklicht werden. Wir merkten schnell, etwas besonderes anbieten zu müssen, um nur einige Aufmerksamkeit in diesem Massentrubel von Konsum und Werbebroschüren auf sich zu lenken.
WdF-Nein Danke!
Dazu kam ein recht hoher Arbeits- und Kostenaufwand. Trotzdem beteiligten wir uns noch mehrere Jahre – mit Unterbrechung – an der W.d.F. (Welt der Familie)
Später änderten wir unser Konzept: wir kauften ein großes Zelt, das zu Freizeiten und Öffentlichkeitsarbeit vor Ort verwendet werden sollte. Das Zelt war jedoch auf Dauer nicht stabil genug. Der Ansatz wurde nicht konsequent weiterverfolgt.
Anfang 1975 wurde der VSJS Mitglied im Landesjugendring Saar (LJRS) und erschloss sich damit den Austausch mit den wichtigsten Jugendverbänden auf Landesebene. Politische Initiativen gingen oft von dieser Zusammenarbeit aus – so gemeinsame Forderungen zur Unterstützung der Jugendarbeit, Gespräche zur saarländischen Jugendpolitik, Diskussionen und Forderungen zu Jugendarbeitslosigkeit, Medien, Frieden und vieles andere. Neben einem stetigen Jugendaustausch mit England des LJRS bestand auch einer mit der UDSSR – auch der VSIS hatte dadurch Kontakte zu den Jugendlichen aus diesen Ländern.
Im VSJS wurde ab Ende 1975 die Bildungsarbeit forciert. Konnten bislang Wochenendseminare meist nur über befreundete Leute aus Institutionen wie die Friedrich-Ebert-Stiftung oder den Stadtverband Saarbrücken finanziert werden, so gabs nun nach der Anerkennung des VSJS auch Landeszuschüsse für Seminare.
Dazu kam, daß unsere neue Bildungsreferentin Angelika Kraus (Illingen) sehr engagiert an die Sache ging. In Absprache mit den Mitgliederversammlungen, die ca. monatlich in jeweils einem anderen Juz stattfinden, wurden die Seminarthemen festgelegt. Angebote wurden gemacht zu Selbstverwaltung, Film- und Pressearbeit, Konflikte im Juz, Grenzen und Möglichkeiten der Initiativgruppen u.a., daneben wurden Schulungstagungen zu Buchführung und Finanzen organisiert.
Ebenso wie die Zahl der Seminare stieg auch die der Freizeiten an. Im Jahre 1976 wurden schon drei Zeltlager mit bis zu 120 Teilnehmern veranstaltet: vom 30.4. – 2.5.76 in der Pfalz, vom 4.-7.6. 76 bei Völklingen und am 24./25. 7.76 an der Saarschleife (was heute leider nicht mehr möglich ist!).
In der Folgezeit wurden die Freizeiten länger und führten weiter weg: So nach Berlin, Frankreich, Italien, Holland und die Schweiz. Die persönlichen Kontakte zwischen den Jugendzentren sollten so ausgebaut werden.
30 neue Initiativen in 2 Jahren
Die ständig wachsende Zahl von Jugendzentren drohte die Zusammenarbeit zu sprengen. Allein in den Jahren 1974 und 1975 entstanden ca. 30 neue Juz-Initiativen. Auf fast jeder Mitgliederversammlung (MV) des VSJS wurden neue Jugendzentren und Initiativen in den Verbandaufgenommen.
Mit dem steigenden Umfang des Verbandes wuchs auch der eigene Anspruch an Aktivitäten im VSJS, zumal man merkte, daß der persönliche Kontakt von VSJS-Vorständlern zu einzelnen Jugendzentren nicht mehr auszureichen schien. Wenn wir am Telefon mal mit „Sie“ angesprochen wurden, mußten wir uns gleich als „abgehoben“ fühlen.
„Wir da oben – Ihr da unten“
Andererseits ist dies auch Folge der Institutionalisierung des Verbandes. Unsere Aktivitäten, sprich Dienstleistungen, stiegen. Die Vorstandsmitglieder wechselten nicht mehr so häufig wie anfangs. Auf der Jahreshauptversammlung Mitte 1976 in Köllerbach wurden lediglich zwei neue Vorstandsmitglieder gewählt. Der neue 1.Vors. Berthold Thielen war schon vorher im Vorstand – eine Vorgehensweise, die bis heute so blieb.
Um die Kontakte zu den einzelnen Jugendzentren zu verbessern wurden neben dem normalen Vorstand zusätzlich drei sog. ‚Kontaktreferenten‘ für die Bereiche Westsaar, Ostsaar und Stadtverband Saarbrücken gewählt. Dazu sollten die allmonatlichen MV’s gemütlicher und themenspezifischer gestaltet werden.
Aber mit dem Anwachsen auf nahezu 60 Jugendzentren und Initiativen im Saarland wurde uns immer deutlicher, nicht nur solch zentrale Aktivitäten zu fördern, sondern die Zusammenarbeit auch in kleineren Einheiten zu suchen. Auch der Versuch, einen großen Filmring im Westsaarraum aufzubauen zeigte die Eingeschränktheit praktischer Zusammenarbeit.
Kreistreffen werden gegründet
Was lag da näher; als auf Kreisebene die Zusammenarbeit der Jugendzentren zu initiieren. Solche Kreistreffen entstanden zuerst in den Kreisen Neunkirchen und St.Wendel; im Saar-Pfalz.Kreis arbeitete ein behördlicher Arbeitskreis Jugendpflege. Später entstand ein Kreistreffen im Kreis Merzig-Wadern und über kurze Zeit auch im Kreis Saarlouis, während Saarbrücken und Umgebung durch die staatliche Hand vereinnahmt wurde. Andere Aktivitäten des VSJS, wie etwa die Bildungsarbeit, wurden dieser regionalen Zusammenarbeit angepasst. Wochenendseminare wurden für benachbarte und einzelne Jugendzentren angeboten.
30%! …und der Rest?
1976 – das Jahr der Bundestagswahl – brachte einen neuen Köder für die außerschulische Jugendarbeit. Die Landtagsfraktionen legten neue Gesetzesentwürfe vor, in denen zwar verbesserte Förderrichtlinien vorgesehen waren, jedoch in der Regel – und dies war unser zentraler Kritikpunkt – mit der jeweiligen Haushaltslage verbunden. Einzige Errungenschaft blieb die Festlegung der 30%- Förderung bei zentraler Führung und Mitarbeiterschulung. Gleichzeitig verdeutlicht dieser Förderung auch den Mißstand, daß offen bleibt, wie die restlichen 70 % der Ausgaben von Jugendverbänden gedeckt werden sollen. Der VSJS veranstaltete hierzu im Juz Eschberg eine Diskussion mit den jugendpolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen, auf der die verschiedenen Positionen ausgetauscht wurden.
Die Finanzdiskussion sollte so schnell kein Ende finden. An die Diskussion zu diesem neuen Gesetz schloß sich die über den anstehenden Landeshaushalt für 1977 an. Wurden nämlich in den Jahren 1975 im Ansatz 50.000,- DM, dann nur 15.000,–DM und 1976 nur 10.000,–DM für Jugendzentren über Modellförderung bereitgestellt – und dies derart selektiv, daß einmal ein einziges CDU-Profilierungsprojekt fast den ganzen Pott bekam – so sollte ab 1977 mit der Förderung des VSJS die der einzelnen Jugendzentren von Landesseite her eingestellt werden.
Der VSJS diskutierte wieder auf einer MV Anfang ’77 mit Vertretern der Landtagsfraktionen und verabschiedete eine Resolution mit folgen den Forderungen:
– 100.000,– DM für die selbstverwalteten Jugendzentren im Landeshaushalt bereitzustellen,
– Jugendzentren durch die Kommunen ausreichend zu finanzieren,
– Sozialarbeiter durch die Gemeinden bereitzustellen,
– Jugendzentren vom Konzessionszwang zu befreien,
– Jugendzentren weder zu schließen noch zu bevormunden.
Keine dieser Forderungen schien in der Folgezeit beachtet zu werden, außer, daß Saarbrücken nach und nach Sozialarbeiter – meist über ABM – bereitstellte.
Daneben verweist die letztere Forderung auch auf eine Entwicklung in den Gemeinden, von den Jugendlichen durchgesetzte Rechte bzgl. der Selbstverwaltung nach und nach zurückzuschrauben. Auch wurden schon erste Häuser ganz geschlossen.
Zwar wurden manche Forderungen – insbesondere von der SPD Saar – in Wahlprogramme aufgenommen, die jedoch von der Basis im Regelfall offensichtlich nicht zur Kenntnis bzw. ignoriert wurden.
Polarisierung zwischen Betroffenen und Politikern - oder: Die zwei Kulturen
Probleme in den Jugendzentren, z.B. mit drogengefährdeten Jugendlichen oder Randalemachern forderten einerseits die Juz-Aktivisten, wie damit intern umzugehen sei. Andererseits bildeten solche gesellschaftlichen Probleme öffentlichen Unmut, der durch die öffentliche Förderung von Jugendzentren schnell zum politischen Sprengstoff wurde. Dazu eine Monopolpresse in der Form der Saarbrücker Zeitung, die in der Regel diesen Unmut puschte und damit Lösungen mit verhinderte.
Die gegenüber solchen gesellschaftlichen Problemen offensichtlich hilflos gegenüberstehenden Kommunalpolitiker suchten nicht selten die ‚Lösung‘ des Problems in der Schließung des Jugendzentrums, zumindest jedoch im Abbau der Rechte des Juz-Vereins. So waren die Reaktionen von Gemeinde- und Stadträten im Normalfall Biertischentscheidungen. Kam dann noch eine irgendwie zu den Ratsparteien nicht konforme politische Erscheinung im Juz zutage, fiel es den Volksvertretern umso leichter so zu handeln. Schließlich – hört man aus ihrem Munde – können nicht-gewählte Meinungen nicht auch noch staatlich gefördert werden. Ratsmitglieder scheinen auch heute noch in ihrer Mehrzahl geneigt, mehr dem dumpfen ‚gesunden‘ Volksempfinden zu folgen statt problementsprechend zu handeln.
Der Teufelskreis des Auseinanderlebens zwischen ‚Betroffenen´und ´Herrschenden‘ auf kommunaler Ebene ist installiert. Dazu die bundesweite Entwicklung durch politische Täuschung, Ausbau der Atomkraft, Aufrüstung, repressiven Maßnahmen gegenüber ‚Andersdenkenden‘ durch eine sich sozialliberal bezeichnende Regierung.
Mißtrauen, Enttäuschung und sogar Haß wuchsen an der ‚Basis‘ gegenüber diesem ‚unmenschlichen und falschen Machtapparat‘. Die einzige Partei, in die man Hoffnung auf Gesellschaftsveränderung in Richtung mehr Demokratie setzte, ließ ihre Regierung derart derb in die Gegenrichtung laufen, daß man sich von den (etablierten) Parteien mehr und mehr distanzierte.
„Machtkampf“ im Vorhinein entschieden
Daß bei gegebenem Machtkampf der Stärkere vorgegeben ist, konnte bei Auseinandersetzungen zwischen Jugendzentrum und Gemeinde- bzw. Stadträten eindeutig ausgemacht werden. Die in Parteien organisierten Jugendlichen wandten sich anderen Themen zu und wurden weniger, was die Kontakte zwischen Jugendzentrum und Kommunalpolitik noch weiter abbaute. Die „Nicht-Organisierten“ und „Unabhängigen“ bildeten bald die Mehrzahl der jugendlichen Nutzer von Jugendzentren. Auch im VSJS-Vorstand ging der Anteil von Parteimitgliedern auf heute einen von Sieben zurück.
Das Frankfurter Treffen - Beginn der Zusammenarbeit auf Bundesebene
Daß dies auch eine bundesweite Entwicklung war zeigte sich bei der anbahnenden Zusammenarbeit auf Bundesebene. 1977 kam es in Frankfurt zum ersten Treffen regionaler Kontaktpersonen, aus dem heraus sich die heutigen halbjährlichen Bundestreffen bildeten. Von ca. einem dutzend dieser ‚ersten‘ Kontaktpersonen kamen allein vier aus dem Saarland.
Hier im Bild ein Bundestreffen im KOMM in Nürnberg 2 Jahre später (Anm.d.Red.)
In anderen Bundesländern entstanden Regionalzusammenschlüsse von Jugendzentren, wenngleich meist in einer locker organisierten Form. Treibende Kraft der Zusammenarbeit war dort einerseits der Problemschwall von Drogen, Aggressivität und Konsumverhalten in Jugendzentren. Andererseits aber auch der politische Druck von außen, den Gemeinde- und Stadträten.
Im Gegensatz zu den meisten Regionalzusammenschlüssen von Jugendzentren war der VSJS eine (regelrechte) Dienstleistungsorganisation mit eigenem Etat, Personal und Räumlichkeiten. Dazu kam insbesondere die Unterstützung des DPWV und des PBW, das beispielsweise ein Modellprojekt „Soziales Lernen“ über 2 1/2 Jahre in drei Saarbrücker Jugendzentren durchführte und später Fachtagungen zu Juz-Problemen durchführte.
Sehr sinnvoll war auch das Modellprojekt ‚Sexualpädagogik in Jugendzentren‘, das die vormalige Bildungsreferentin im VSJS, Angelika Kraus, nun angestellt bei Pro Familia Saarbrücken, in etlichen saarländischen Jugendzentren durchführte. Dabei wurden den Jugendzentren Sex.päd.-Arbeitskreise auf die Dauer von jeweils 8 Treffen (eins pro Woche) und Seminare für ‚Betreuer‘ angeboten – alles unter Mitarbeit von je zwei Leuten der Pro Familia.
Auch die eigenen Aktivitäten des VSJS wurden ausgeweitet: Freizeiten wurden nach Berlin (1 Woche an Ostern ’77), in die Vogesen (6.-20.8.77) und eine im Saarland (16.-19.6.77) veranstaltet.
Die erste Ausgabe der NACHRICHTEN, erschien im Frühjahr 1977. Neben Informationen aus saarl. Jugendzentren und der JZ-Bewegung werden in den NACHRICHTEN Vorhaben und Angebote des VSJS und nicht zuletzt aktuelle Themen, vor allem aus den Bereichen Ökologie, Frieden und Jugendpolitik aufgegriffen. Im Bildungsbereich stieg die Zahl der Seminare, die nun vom VSJS und vom PBW angeboten wurden. Daß nach etlichen Jahren Satzungsclinch mit dem Land immer nochmal was nachkommen kann, wurde uns in 1978 gezeigt.
Das Sozialministerium stellte plötzlich unter Androhung ihre Zuschüsse für Maßnahmen (Freizeiten und Wochenendseminare) zu streichen an alle Juz-Satzungen die Forderungen:
a) eine Soll-Begrenzung des Mitgliedsalters nach oben vorzunehmen (25 Jahre), und
b) den Passus, das Juz leiste eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit, in die Satzung aufzunehmen.
Während der erste Punkt nicht viel Aufhebens machte, weil die Jugendzentren selbst daran interessiert sind, daß die Mehrheit ihrer Mitglieder keine „Oppas“ sind und diese Soll-Bestimmung an den Realitäten nichts änderte, wurde der zweite Punkt mancherorts Austragungsgrund politischer Differenzen in Jugendzentren. Dabei war und ist jeder Verein automatisch mit seiner Anerkennung auf das Grundgesetz festgelegt. In den Diskussionen wurde jedoch nicht so sehr das Grundgesetz selbst kritisiert als vielmehr seine offenbleibenden Ausführungsbestimmungen. Mit diesen wurden Gesetze verbunden, wie Sie heute Bundesinnenminister Zimmermann auf voller Breite durchsetzen möchte, um alle Regierungskritik wirksam einzuschüchtern.
Abgesehen von manch rabiater Polarisierung zwischen unterschiedlichen Standpunkten dürfte diese Diskussion zur kritischen Betrachtung unserer Gesetze beigetragen haben.
Sozialarbeiter vorgesetzt
Ein anderes breit diskutiertes Thema, nämlich das über Sozialarbeiter in Jugendzentren, wurde durch Entscheidungen in Saarbrücker Jugendzentren ingang gesetzt. Dort wurden den Jugendlichen Betreuer einfach vorgesetzt. Zum ersten Mal wurde die Anstellung von Sozialarbeitern in Jugendzentren kritisiert, wenngleich noch nicht deren Anstellungsträgerschaft.
Wir wollen keine Spielwiese – wir wollen demokratische Rechte !
Durch die Entscheidungen um ein neues Jugendzentrum – ebenfalls in Saarbrücken – wurde zum ersten mal Kritik an städtischer Trägerschaft geführt. Dort sollte und wurde das bis heute größte Juz des Saarlandes eingerichtet werden: die „Försterstraße“. Größe und finanzieller Umfang waren die angeführten Hauptgründe zur kommunalen Trägerschaft. Dabei konnte uns unsere ursprünglich eigene Forderung entgegengehalten werden, Jugendzentren allmählich in städtische Trägerschaft zu überführen. Städtische Trägerschaft bedeutete jedoch Entrechtung der Betroffenen. Das Juz wird zur Spielwiese, weil die Stadt das Hausrecht hat, jederzeit schließen kann, Ausgaben des Jugendzentrums im Einzelnen genehmigt werden müssen und eine für den Jugendlichen in keiner Weise mehr durchschaubare Bürokratie entsteht.
Die Stadt Saarbrücken setzt sich durch, gestand den Jugendlichen jedoch Sozialarbeiter zu, die allesamt aus der Juz-Bewegung kamen. Die meisten Aktivisten zogen sich dennoch enttäuscht zurück, sodaß die widersprüchliche Situation entstand, daß die Sozialarbeiter zu „Ideenträgern“ der Selbstverwaltung wurden, die sie den Jugendlichen beibringen wollten – ein Unding. Alsbald merkte man auch, daß sich kein Jugendlicher mehr verantwortlich fühlte, die Sozialarbeiter waren ja da – und die Verantwortung hatte wirklich nur die Stadt bzw. deren Bediensteten – die Sozialarbeiter. Die Verwendung des Wortes Selbstverwaltung mußte Unredlichkeit vermuten lassen. Zumal den Jugendlichen auch keinerlei Rechte verbrieft wurden – alle Zusicherungen liefen nur mündlich. Auch die, daß die Betroffenen bei der Einstellung eines Sozialarbeiters nicht nur Vorschlags- sondern auch Vetorecht hätten. Vor einem Jahr entschied sich der Saarbrücker 0B für einen Freund – entgegen dem ausdrücklichen Willen der Sozialarbeiter und den dort engagierten Jugendlichen.
Die Haltung des VSJS zur Kommunalisierung festigte sich und wurde über Gespräche mit politischen Gruppierungen verbreitet.
Bundestreffen
Klar, daß auch auf Bundestreffen der Jugendzentren dieses Thema aufgegriffen wurde. Auf dem 3. Bundestreffen in Hannover, zu dem über 120 Juzler aus der ganzen BRD kamen, wurde die Kommunalisierungsdiskussion lediglich noch von der Auseinandersetzung mit dem KOOB Neustadt, nun KOB Hagen, übertroffen. Die Auseinandersetzung wurde hier abschließend behandelt und in einer Broschüre des BDP zusammengefasst. Man wollte mit Zentralisierungsbestrebungen und „gewählten Vertretern“ auf Bundesebene nichts am Hut haben, wie es das KOB Hagen wollte.
Die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene erschien dazu als oberster Rahmen, innerhalb dem noch sinnvoll weitreichende Kontakte und Zusammenarbeit unter Jugendzentren zustandekommen können und eine Kontrolle solcher Gremien von unten her gewährleistet erschien. Die Zusammenarbeit auf Bundesebene sollte dagegen einen freien und offenen Charakter behalten.
Neben den Bundestreffen entstand ein engerer Mitarbeiterkreis, der sich für die Organisation des bundesweiten Zusammenhangs verantwortlich fühlt, so die Treffen vorbereitet, die bundesweite Wandzeitung trägt und die Selbsthilfematerialien erstellt.
Das 4. Bundestreffen fand 1978 zum ersten Mal im Saarland – und zwar im Juz Neunkirchen – statt. Hauptthema dieses Treffens war dann auch die Kommunalisierung von Jugendzentren mit einer inhaltlichen Ausweitung des Begriffs und einer klaren Negativeinstellung dazu. Kommunalisierung wurde nunmehr als Prozeß erkannt, der hin zur städtischen Trägerschaft und damit der rechtlichen Entmündigung der Betroffenen führt. Dabei sind den Betreibern der Kommunalisierung – den Politikern und der Verwaltung also – viele Mittel und Wege gegeben – vom finanziellen austrocknen bis hin zu restriktiven Bestimmungen, so z.B. der Regelung von Öffnungszeiten oder einem Alkoholverbot.
Erkannt wurde aber auch, daß der Prozeß Kommunalisierung im Juz oft nicht voll durchschaut und durch ein „Inselleben“ gefördert wurde.
Über die Ergebnisse und den Diskussionsstand zur Herausbildung bundesweiter Zusammenarbeit erstellte der VSJS eine Broschüre.
Äkschen auf dem Jugendhilfetag 1978
Die erste große gemeinsame Aktion auf Bundesebene lief im November 1978 anlässlich des 6. Deutschen Jugendhilfetages in Köln.
Hunderte von Juzlern aus der ganzen BRD kamen zusammen, um Aktionsmöglichkeiten im Juz vorzustellen, Veröffentlichungen zu verteilen oder zu verkaufen und eine riesige Veranstaltung spontan zu gestalten: per Aktionstheater wurde das typische Juz-Geschehen vorgespielt und in einer Vollversammlung der ca. 2.000 Besucher umgewandelt, auf der kritische Fragen zur Juz-Bewegung gestellt wurden, so etwa was Anspruch und Wirklichkeit betrifft.
Natürlich waren wir bei vielen Veranstaltungen dabei und brachten uns ein. Am Schluß stand eine Demonstration in die Kölner Innenstadt, wo wir die Menschenleere von modernen Geschäftszentren ab Samstagsnachmittag beispielhaft vorfanden.
1978 begann im VSJS die Zeit der Materialienproduktion. Neben der Broschüre über das 4. Bundestreffen wurde eine zweite neubearbeitete Auflage einer Musikbroschüre veröffentlicht und eine erste Bestandsaufnahme der saarländischen Jugendzentren aufgegriffen. Im Februar 1979 konnte sie endlich fertiggestellt werden.
Der Plan eines Nachschlagewerkes bzw. Lexikons zur Juz-Bewegung ging ein in das bundesweite Vorhaben der „Selbsthilfematerialien“ für Jugendzentren, an denen aus dem Saarland vor allem Manfred Weiss (St.Wendel) und Willi Kräuter (Neunkirchen) mitmachen.
Daneben wurde das VSJS-Emblem über einen Wettbewerb der Jugendzentren gekürt. Aus insgesamt 30 Entwürfen wurde auf einer MV des VSJS einer ausgewählt.
1978 war auch die Hoch-Zeit der Sex.päd.-Arbeitskreise der Pro Familia. In sieben Jugendzentren wurden sie vollständig durchgeführt, wobei manch „böse“ Vorstellung über Sex, Verhütung und Partnerschaft besprochen werden konnte.
Um einerseits längerfristig planen und Positionen des Verbandes diskutieren zu können, andererseits sich untereinander etwas näherzukommen, führten wir ab 1977 ca. zweimal jährlich offene Seminare zur VSJS-Vorstandsarbeit durch. Terminschwierigkeiten der Mitarbeiter führten später dazu, nur noch eintägige Treffen durchzuführen.
Die zwei Beine des VSJS
Ein Thema, das dabei immer wieder gestellt wurde, war das Selbstverständnis des VSJS. Damit gemeint ist vor allem die Beziehung des VSJS-Vorstandes zu den einzelnen Jugendzentren.
Neben der Bewältigung der Büroarbeit (Antragstellung, Nachweisführung, Buchführung, Briefverkehr etc.) gilt als zweiter grundlegender Arbeitsbereich der persönliche Kontakt von Vorstandsmitgliedern und ZDL zu den Jugendzentren. Auch wegen der Kreistreffen sollten im Vorstand Juzler aus verschiedenen Kreisen mitmachen.
ABM – eine Episode für sich
Durch das Ausscheiden von Angelika Kraus als VSIS-Bildungsreferentin entstand ein „Bildungsloch“ – nicht sosehr vom organisatorischen Angebot als vielmehr von der inhaltlichen Planung her. Es kam die Überlegung auf, einen Bildungsreferenten irgendwie einzustellen. Da im Saarland eine 80 %-Förderung des Landes nur bei vorangegangenem Nachweis von 2.500 Bildungsteilnehmertagen möglich ist, war uns diese Finanzierung versperrt. Um die Einrichtung einer Stelle ins rollen bringen zu können, versuchten wir es über einen Antrag auf Arbeitsbeschaffung (ABM) beim Arbeitsamt. Dieser wurde uns erstmals abgelehnt, weil angeblich kein Arbeitsloser mit der gewünschten Qualifikation gemeldet war. Wir kannten jedoch jemanden.
Nachdem unser Widerspruch wieder abgewehrt wurde, stellten wir im darauffolgenden Jahr erneut einen Antrag. Diesmal wurde er abgelehnt, weil die Aufgabenbeschreibung angeblich mit der der Satzung übereinstimmte und somit kein neuer Tätigkeitsbereich erschlossen würde wie im Gesetz zu ABM vorgeschrieben wird.
So kamen wir nicht weiter.
Dennoch wurden für 1979 ganze 20 Seminare angeboten, darunter „Soziales Lernen“, ‚Sex.päd.“, ‚Medien‘, „Frauen“, ‚Selbstverwaltung“, „Kommunalisierung‘, ‚KDV‘ (sehr gut besucht!), ‚Zeitungsmachen‘! u.A.
Jedoch mußten einige wegen zu wenig Anmeldungen abgesagt werden. Einen wichtigen Grund dafür sahen wir in der mangelnden Bereitschaft, über ein Wochenende fernab vom Juz ein Thema aufzugreifen, zumal wenn Anfahrtsschwierigkeiten gegeben waren. Nicht nur deshalb stellten wir mehr und mehr Termine für einzelne oder einige Jugendzentren frei zur Verfügung, was dann auch stärker genutzt wurde und wird.
Dibbelabbes zum Zuhören
Um diese und andere Aktivitäten des VSIS besser bekannt zu machen, nutzten wir zunehmends die neue Jugendsendung „Dibbelabbes“ beim Saarländischen Rundfunk. Diese Sendung wird noch heute Samstag abends ab 19.00 h ausgestrahlt, nachdem sie zweimal nach Änderungen der Programmstruktur zeitlich verschoben wurde.
Diese Sendung und Veröffentlichungen in der Saarbrücker Zeitung bedingten, dass unsere Freizeiten auch von „außen“ genutzt wurden. Wenn eine Freizeit mal nicht ausreichend besetzt wurde, annoncierten wir kurzerhand – meist mit Erfolg.
Zwar wurden dadurch auch einige Jugendliche für die Juz-Bewegung ‚gewonnen“, jedoch wurde die öffentliche Ausschreibung mehr zum Nachteil, da weniger Kontakte unter engagierten Juzlern entstanden. Die Freizeiten erhielten immer mehr einen reinen Freizeit-Charakter, so wie es die Kommunen eben auch anbieten, nur wesentlich billiger und freier in der Ausgestaltung. So kamen wir zu Freizeitkonzeptionen von der ursprünglichen Form (Wochenendfreizeiten in der Nähe) bis zu günstig kalkulierten großen Freizeiten, die immer noch wesentlich billiger als öffentliche Angebote sind.
Finanzielle Nöte sind ein Dauerproblem selbstverwalteter Jugendzentren – im Gegensatz zu kommunalen Einrichtungen. Ende 1978 führten wir daher mit der Sozialministerin Scheurlen ein Gespräch, welches sehr aufschlußreich war:
Frau Minister versteht nur Bahnhof…
wir konnten live erleben, wie man nicht nur gegen eine Wand redet, sondern wie einem überhaupt nicht zugehört wird. Ab dieser Zeit verhandelten wir nur noch mit der Bürokratie des Ministeriums, wo offensichtlich mehr Verständnis vorzufinden ist.
Um im Verband eine Sicherung für finanziell arg bedrängte Jugendzentren zu schaffen – so etwa, wenn ein Festival voll in die Hosen geht oder das JUZ für irgendwas haften muß – planten wir mehrfach die Einrichtung eines Juz-Hilfe-Fonds, der jedoch bis heute nicht konsequent weiterverfolgt wurde.
Dem VSJS selbst kam zugute, daß 1979 erstmals Bußgelder in unsere Kasse flossen: unser Finanzreferent Rolf hatte endlich einen kleinen heißen Draht gefunden – ohne die geht nichts! Trotz eines finanziellen Reinfalls beim Versuch, ein eigenes großes Konzert zu veranstalten, lief es finanziell besser als in den vorangegangenen Jahren.
Davon nicht ganz unabhängig liefs in 1979 gut an. Wir wurden als Zivildienststelle anerkannt – damit konnte der Zivildienstleistende nun ganz für den VSJS eingesetzt werden. Ab Mitte des Jahres nahmen die Juz-Kontakte über den ZDL drastisch zu.
Ca. 50 Treffen von VSIS-Vorstandsmitgliedern in einzelnen Jugendzentren stellten die Höchstzahl von Kontakten in einem Jahr dar. Sie wurde 1979 erreicht. Dabei gingen mehrere solcher Treffen und Aktionen zu den Jugendzentren Homburg, Lauterbach, Püttlingen und St.Wendel. Dabei ging es vor allem um Clinch mit der Kommune, wobei in Püttlingen und St.Wendel Demonstrationen zustandekamen.
Die Informationen für die einzelnen Jugendzentren wurden reichlicher. Neben 11 in 1979 erscheinenden Ausgaben der NACHRICHTEN wurden etliche Plakate und andere Materialien über monatliche Päckchen versandt. An ca. 20 Dibbelabbes-Sendungen beteiligten wir uns mit eigenen Beiträgen. Außerverbandlich führten wir wieder Gespräche mit politischen Gruppierungen (Jusos, Judos, SDAJ, später auch JU), Gemeindevertretern, Jugendverbänden, empfingen eine DDR-Delegation und konnten auf einer ersten Anhörung der SPD-Landtagsfraktion im Vorfeld der Wahlen unsere Anliegen vorbringen.
Hurra! Wir Sind im JWA.
1979 waren Kommunalwahlen. Dabei werden auch die Mitglieder für die Jugendwohlfahrtsausschüsse neu bestimmt. Wir mischten zum ersten Mal mit und stellten Anträge. Auf Anhieb schafften wir es in den Kreisen Merzig-Wadern und Neunkirchen mit jeweils einem stimmberechtigten und einem stellvertretenden Mitglied. Im Kreis St.Wendel wäre es gelungen, wenn unser Kandidat 21 Jahre alt gewesen wäre – nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz ist das Mindestalter für JWA-Mitglieder bei 21 Jahren angesetzt. Jugendpolitische Entscheidungen der Kommunalparlamente müssen laut Gesetz zuerst im JWA vorberaten werden – sofern einer existiert. Hier ist also eine direkte Einflußmöglichkeit für uns gegeben.
Sozialarbeiter raus aus Jugendzentren
Wurden bislang immer und immer wieder Sozialarbeiter für Jugendzentren gefordert, so wandelte sich diese Haltung des VSJS angesichts der Erfahrung vor Ort. Natürlich wurden diese Erfahrungen auch bundesweit ausgetauscht und dort zusammengefasst. Provokatorisch wurden von einem engeren engagierten Zirkel auf Bundesebene die sogenannten „Burgholzer Thesen“ formuliert. So genannt nach dem Entstehungsort – während einer PBW-Fachtagung in Burgholz bei Wuppertal.
Die provokative Überschrift lautete ‚Sozialarbeiter raus aus Jugendzentren“.
Erfahrungshintergrund war, daß Sozialarbeiter in Jugendzentren von einen Machtvorteil vor den jugendlichen Nutzern haben. Einerseits wegen ihrer Ausbildung, vor allem aber wegen ihrer ständigen Anwesenheit und dem damit verbundenen Informationsvorsprung. Dazu kam, daß Sich die Jugendlichen mehr und mehr auf diese verließen. Sie waren weniger veranlaßt, selbst etwas zu tun und Verantwortung zu übernehmen. Und letztlich sind fast alle in Jugendzentren arbeitenden Sozialarbeiter Angestellte der Kommune und stehen somit zwischen zwei Stühlen – einerseits gegenüber ihrem Brötchengeber und Weisungsbefugten, der Verwaltung, andererseits gegenüber den Selbstverwaltungsgremien des Jugendzentrums.
Die voreilige Forderung vieler Jugendzentren nach einem hauptamtlichen Betreuer wurden infragegestellt. In der Regel kam man zu dieser Forderung angesichts der drückenden Probleme mit Drogen, Aggressivität und Konsumhaltung. Der Sozialarbeiter beschäftigte sich auch oft mit diesen Problemgruppen mit der logischen Folge, daß diese verstärkt das Juz aufsuchten und die engagierten Juzler nicht selten verdrängten. Es kam zum Machtkampf im Haus.
Im Jugendzentrum Merzig hatte dies beispielsweise die Folge, daß immer wieder der Streit über die Zielgruppe aufkam. Nachdem mehrere Betreuer nach und nach wieder entlassen wurden entschieden die Jugendlichen, keinen Betreuer mehr einzustellen.
Das ist also Stand der Dinge in den saarländischen Jugendzentren Ende der 70er. Wie es weitergeht und welche Probleme und Lösungen die Juze in den 80ern erwarten, folgt auf der Seite 80er.
wird sogar im Aktuellen Bericht vorgestellt
Das Saar-Magazin „Extra“ schreibt über Konflikte rund um die Juz-Szene 1977.
Das Magazin „z.B:Saar“ widmet den Jugendzentren 1979 einen längeren Artikel.