Biografische Notizen
„Vom JUZ-Gründungsmitglied zum Professor“
Der Verband saarländischer Jugendzentren in Selbstverwaltung wird 50 Jahre alt, wow, was für eine Geschichte. Über 30 Jahre meiner eigenen Geschichte sind mit diesem Verband eng verbunden.
Es war ungefähr 1990, als sich in einem Ortsteil der Gemeinde Rehlingen-Siersburg eine Gruppe 12 bis 18Jähriger zusammenschloss, um für selbstverwaltete Räume zu kämpfen. Die Ausgangslage war günstig, war doch die Gemeinde Rehlingen-Siersburg grundsätzlich der Förderung der Jugendarbeit aufgeschlossen. Gleichwohl gab es auch Widerstände, vor allem aus der örtlichen Vereinslandschaft. So wurde früh meine Beschäftigung mit eigener Meinungsbildung, eigener Interessenvertretung, der Beschäftigung mit kommunaler Politik und demokratischen Prozessen herausgefordert. Nicht nur die Auseinandersetzungen mit Erwachsenen, da wären Eltern und Dorfbewohner:innen genau so zu erwähnen wie Gemeindepolitiker:innen, sondern vor allem das auch konflikthafte Ringen innerhalb unserer Gruppe über die Ziele und das Vorgehen haben mich stark geprägt.
Unsere Initiative mündete in einen Verein und durch unser unermüdliches Einfordern und der Unterstützung wohlgesonnener Erwachsener gelang es einen Teil des leerstehenden Ortsbahnhofs dauerhaft für die selbstverwaltete Jugendarbeit zu sichern. Die notwendigen Umbauten und die spätere Bewirtschaftung wurden ehrenamtlich von uns Jugendlichen und vielen unserer Eltern bewerkstelligt. Vor gut 32 Jahren eröffnete der JTH seine frisch renovierten Räumlichkeiten, in denen heute noch selbstverwaltete Jugendarbeit aktiv betrieben wird.
Von Beginn an war ich in der Initiative und später viele Jahre in der Vorstandarbeit engagiert und habe in dieser Zeit vielfältige Kompetenzen entwickelt. Von bis heute nützlichem handwerklichen Geschick während der Sanierung des Bahnhofs, über organisatorische und soziale Kompetenzen bis hin zu Grundverständnissen und Erfahrungen im (kommunal)politischen Raum. Ich würde heute sagen, die Sozialisation durch selbstverwaltete Jugendarbeit hat meine politische, soziale und individuelle Mündigkeit maßgeblich gefördert.
Im Rückblick gibt es neben der Beteiligung am dörflichen Vereinsleben insgesamt, umfangreichen Öffnungszeiten des Jugendtreffs für selbstbestimmte Geselligkeit, zahllosen Konzerten, Freizeiten und Fahrten eine Veranstaltungsreihe auf die ich besonders stolz bin. So entwickelte ich das Konzept „Talk im Bahnhof“, an dem prominente Persönlichkeiten sich im lockeren Talk den Fragen der Jugendlichen stellten. Die immer gut besuchten Veranstaltungen führten Mitte der 90er Jahre u.a. Oskar Lafontaine und Peter Altmaier auf unsere Talk-Couch.
Der VSJS war für unseren Jugendtreff ein wichtiger Partner und Unterstützer, gäbe es ihn nicht so müsste man ihn gründen. Ich hatte das Glück meinen Zivildienst auf einer neu geschaffenen Stelle 1997/98 beim VSJS abzuleisten und lernte so die saarländische Landschaft selbstverwalteter Jugendtreffs und Jugendzentren nochmal neu kennen. Der VSJS hat über fünf Jahrzehnte wohl unzählig vielen jungen Menschen beim Kampf um Selbstbestimmung zur Seite gestanden und sich immer auch politisch für Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit engagiert. Es ist kein Zufall, dass mich mein Weg über das Studium der Sozialen Arbeit und kritischen Erziehungswissenschaft zu einer Promotion in der Jugendhilfe und einer ersten Professur für Soziale Arbeit und Bildung geführt hat.
Liebes Team des VSJS, ich gratuliere Euch sehr herzlich zu Eurem Jubiläum und hoffe auf weitere viele Jahre unermüdlichen Einsatz für junge Menschen, deren Freiräume und Selbstbildung sowie unserer Demokratie insgesamt. Es ist wichtiger denn je!
Selbstverwaltete Jugendarbeit ist Pflicht!
Junge Menschen, die für selbstverwaltete Räume kämpfen, stoßen immer wieder auf den Widerstand verantwortlicher Politikerinnen und Politikern aus den Städten, Landkreisen und Gemeinden. Das Argument lautet häufig: die Förderung und Unterstützung der Jugendarbeit sei freiwillig und außerdem sei dafür kein Geld da. Beide Argumente sind falsch!
Doch wie verhält es sich wirklich mit der Förderpflicht der Städte, Landkreise und Gemeinden und wie kann man für die eigene Initiative und das eigene JUZ argumentieren?
Markus hat für uns diesen Artikel verfasst, der auf einem älteren Fachbeitrag von ihm basiert.
Wer mal schauen will, was aus dem Jugendtreff geworden ist: