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Verband saarländischer Jugendzentren in Selbstverwaltung e.V.

Was ist eigentlich JUZ United? – Mein Weg zur selbstverwalteten Jugendarbeit im Saarland

Dr. Sebastian Rahn kommt selbst aus der Jugendarbeit und hat seit 2023 eine Nachwuchsprofessur für Sozialisation, Erziehung und Bildung über die Lebensalter an der HTW Saar. Er ist am Forschungsprojekt zum 50 jährigen Jubiläum des Verbandes beteiligt.

JUZ United und selbstverwaltete Jugendarbeit – beides waren für mich bis vor wenigen Monaten allenfalls vage Begriffe. Ich bin in der Nähe von Stuttgart aufgewachsen, habe in Stuttgart und Tübingen studiert, war in der Jugendarbeit vor allem im örtlichen Stadtjugendring aktiv und habe mich erst im Studium und in der Forschung zunehmend mit der Offenen Kinder- und Jugendarbeit beschäftigt. Diese Kurzbiographie erklärt, warum ich mir noch vor einem Jahr nicht vorstellen konnte, einen Text zum 50-jährigen Jubiläum von JUZ united beizusteuern. Wie es dazu kam und was ich heute mit dem Verein verbinde – dazu die folgenden Zeilen:

Aufgewachsen in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart, kam ich mit 16 Jahren zum ersten Mal mit Jugendarbeit in Berührung, als ich – mehr aus Langeweile als aus besonderem Interesse – einen Job für die Sommerferien suchte. Beim örtlichen Stadtjugendring und als ehrenamtlicher Betreuer in der Kinderspielstadt Kid City wurde ich schließlich fündig. Eine Tätigkeit, die mich die nächsten 12 Jahre begleiten und meinen beruflichen Werdegang nachhaltig beeinflussen sollte. Zum Engagement im Stadtjugendring gesellten sich bald regelmäßige Besuche in unserem Jugendzentrum AREAL sowie eine zeitweise Mitarbeit an der Theke des kleinen evangelischen Jugendcafés Domino. Auch wenn Orte der Jugendarbeit damit zu einem normalen Bestandteil meines Aufwachsens wurden und mich auch über die Schulzeit hinaus begleiteten, waren sie zunächst vor allem Orte der Freizeitgestaltung und Möglichkeiten eines aus meiner Sicht lohnenden Engagements.

Dass Jugendarbeit auch eine berufliche Option sein könnte, diese Idee entwickelte ich erst während meines dualen Studiums der Sozialen Arbeit. Durch eine ebenso glückliche wie wegweisende Entwicklung wie das Engagement in der Kinderspielstadt wurde ich während des Studiums Hilfskraft eines Professors, der die Offene Kinder- und Jugendarbeit zu seinen Forschungsschwerpunkten zählte. So war eines meiner ersten Forschungsprojekte eine Reichweitenuntersuchung in Jugendhäusern zu der Frage, wer eigentlich Einrichtungen der OKJA besucht. Über diese Tätigkeit und weitere Forschungsprojekte in der Offenen und Mobilen Jugendarbeit gewann ich einen wissenschaftlichen Zugang zur Offenen Arbeit, der im Masterstudium in Tübingen noch durch die Auseinandersetzung mit der Schulsozialarbeit ergänzt wurde – allerdings immer in einem Verständnis von Jugendarbeit, das von der Präsenz hauptamtlicher Fachkräfte in den Einrichtungen als Selbstverständlichkeit ausging. Dies änderte sich auch nicht in meiner Dissertation, in der mich gerade die hauptamtlichen Fachkräfte und ihre Perspektiven auf Kindheit und Jugend interessierten.

Während der Arbeit an meiner Thesis ging mein ehrenamtliches Engagement in der Jugendarbeit langsam zu Ende, ich zog für mehrere Jahre nach Wuppertal und beschäftigte mich vor allem wissenschaftlich mit dem Feld der OKJA. Dabei lernte ich zunehmend auch andere Jugendarbeitsforscher*innen aus Deutschland kennen und bemerkte, dass dieses – im Vergleich zu den „Riesen“ der Jugendhilfe (HzE und Kindertagesbetreuung) – eher kleine Arbeitsfeld durchaus ein breites wissenschaftliches Interesse genießt. Als ich bei einem Treffen einem Kollegen von meiner Bewerbung an der htw saar erzählte, hörte ich zum ersten Mal von JUZ United und der im Saarland noch präsenten Idee einer selbstverwalteten Jugendarbeit – „Ach, im Saarland haben die noch so ein spannendes Modell der Selbstverwaltung. Vielleicht können wir mit denen mal was machen“.

Aber wie schnell ich nach meinem Umzug nach Saarbrücken und dem Antritt meiner neuen Stelle tatsächlich etwas „mit denen machen“ konnte, hat mich selbst überrascht. Nur wenige Wochen nach meinem Stellenantritt wurde ich gebeten, an einem Forschungsprojekt zum 50-jährigen Jubiläum des JUZ United mitzuwirken. Und parallel dazu gründete sich eine neue Landesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendarbeit im Saarland, die ebenfalls maßgeblich von JUZ United mitgestaltet wird. Sowohl der Blick in die Geschichte der selbstverwalteten Jugendarbeit (Forschungsprojekt) als auch die Mitgestaltung der Zukunft der OKJA im Saarland (LAG) – wie schön, nun auf diese doppelte Weise einen Bezug zur Jugendarbeit im Saarland zu haben!

Es wäre vermessen, an dieser Stelle wissenschaftlich fundierte Aussagen zur Umsetzung der selbstverwalteten Jugendarbeit im Saarland treffen zu wollen. Daher vielleicht nur die Beobachtung, dass ich – etwas entgegen meiner Erwartung – bisher kaum auf eine romantisierende Verklärung der Jugendzentrumsbewegung oder eine Idealisierung einer ‚Erwachsenenlosigkeit‘ in der Jugendarbeit gestoßen bin, sondern vielmehr auf eine fachlich anspruchsvolle Sensibilität für unterschiedliche Sozialräume, eine Diskussion unterschiedlicher Einrichtungstypen innerhalb von JUZ United, sowie eine Arbeitsstruktur , die mich an eine „hybride“ Offene Jugendarbeit erinnert, wie sie der Jugendarbeitsforscher Moritz Schwerthelm beschreibt. Diese Hybridität und das vergangene wie gegenwärtige „Ringen um Freiräume“ für Jugendliche bei JUZ United weiter zu verfolgen, die Offene Arbeit im Saarland auch in den nächsten Jahren zu unterstützen und zu beobachten, wie sich die Idee einer selbstverwalteten Jugendarbeit weiterentwickelt – darauf freue ich mich sehr und gratuliere dem Verband saarländischer Jugendzentren in Selbstverwaltung e.V. herzlich zum Jubiläum!