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Verband saarländischer Jugendzentren in Selbstverwaltung e.V.

Vom Untergang des Abendlandes in Losheim

Ein Gespräch mit Joachim Selzer und Peter Lauer.

Joachim: Anfang der 70er Jahre gab es hier in Losheim für Jugendliche so gut wie gar nichts. Bei der Gründungsversammlung 1974 kamen etwa 70 bis 80 Leute. Das zeigt schon, dass die Jugendlichen eine Möglichkeit gesucht haben, um sich irgendwo treffen zu können, um daheim rauszukommen. Und man wollte sich nicht in der Kneipe treffen, und sonst gab es nichts. Von daher war dann klar, wir mussten selber etwas machen. Einige von uns hatten schon Kontakt zu anderen Jugendzentren. Das fing ja damals überall an mit den freien Jugendzentren, den selbstverwalteten Jugendclubs. In Orscholz und Merzig zum Beispiel. Da wo jetzt das neue Rathaus in Merzig ist, da war dieser schöne, alte Bau und da waren wir oft. Und da kam der Gedanke, so etwas wollen wir auch hier haben, und dann hat sich die Initiative gegründet. Ich war 1974, als es losging, schon 19 Jahre und war bei den Jusos aktiv. Ich hatte damals schon einen politischen Anspruch und wollte auch etwas bewegen aus dem politischen Engagement heraus. Und dann war da ein Freundeskreis, der gesagt hat, wir brauchen in Losheim einen Treff und daraus ist die Initiative entstanden.

Wir hatten eine berühmt-berüchtigte Gründungsversammlung im Juni 1974, wo viele Leute da waren. Wo auch der CDU-Bürgermeister von damals da war und Leute aus der Verwaltung, die gesagt haben, ja, wir brauchen etwas für die Jugend und wenn ihr das selber organisieren wollt, dann ist das toll. Und dann hat der damalige Pastor seinen großen Auftritt hingelegt. Der kam vom Seiteneingang in den Saal gerannt und hat gerufen: „Hier wird der Kommunismus ausgerufen. Das ist der Untergang des Abendlandes. Die Jugend wird hier verdorben. Herr Bürgermeister, wieso sitzen Sie denn hier?“ Und die Leute haben gegrölt. Der war stockkonservativ und dass die Jugendlichen sich jetzt selber organisieren, selber ihre Dinge in die Hand nehmen, dass man sie selber was machen lässt, das konnte der sich gar nicht vorstellen.

Gründungsversammlung 1974, Vorstand und Gemeindevertreter.

Dann haben wir von der Gemeinde die alte Schule „Auf dem Feld“ zur Verfügung gestellt bekommen. Wir hatten da zwei große, komplette Flügel mit einer Menge Räume. Der große Veranstaltungsraum, der war Gold wert, um Veranstaltungen zu machen und damit auch Geld zu erwirtschaften. Und das hat sich auch sehr schnell zum richtig guten Treffpunkt entwickelt.

Ich war von 1974 bis 79 oder 80 erster Vorsitzender. Ja, und daher war ich schon in so einer Verantwortung drin. Das hat auch wirklich Spaß gemacht, wir hatten auch eine tolle Gemeinschaft. Im ersten Vorstand, das war 74/75, hatten wir mehrheitlich Leute, die nicht so klassisch diese Selbstverwaltungsidee im Kopf hatten. Das waren damals eher so vereinsmäßig organisierte Vorstandssitzungen. Und zu dieser Zeit gab es eine Menge Discos, es gab schon erste Konzerte, es gab auch Tanzveranstaltungen. Und es gab zu dieser Zeit hier in Losheim auch so eine Tanzband, „New Generation“, die aber auch eher so Pop- und Rocksachen gemacht haben, die waren auch im Jugendzentrum mit dabei. Und so hat sich da am Anfang so ein klassischer Jugendtreff, Jugendclub entwickelt.

Ich glaube, die Akzeptanz vom Jugendzentrum in Losheim hing von Anfang an viel damit zusammen, dass da gut bürgerliche Leute mit drin waren, die mit dem damaligen Bürgermeister und der Verwaltung gut zurechtkamen und dann auch Veranstaltungen gemacht haben, die eher dieses Dorfleben bedient haben. Die Autowaschaktionen des Juz auf dem Dorfplatz zum Beispiel haben uns nicht nur Geld gebracht, sondern wir waren dadurch auch akzeptiert, das hat uns auch ein gewisses Ansehen gebracht. Man hat sich die ersten Jahre nicht politisch abgegrenzt. Da war das Juz noch viel mehr im Dorf und im Gemeinschaftsleben mit drin. Was für die Anfangszeit gut war, was für die Akzeptanz gut war, sonst hätten wir wohl wirklich schon früher Probleme mit der Politik bekommen.

The New Generation – Tanzabend 1975

Erstes Rockkonzert 1975

Ab 1975 hatten wir wirklich viele Veranstaltungen, die dann von diesen Disco-Tanz-Geschichten übergingen zu den Folkkonzerten. Ende der 70er kamen ja sehr viele Folksachen auf und Bands, die Möglichkeiten zum Auftritt gesucht haben, die teilweise auch für Getränke und Übernachtung gespielt hatten. Es gab viele Veranstaltungen und es gab auch eine hohe Gemeinschaft dadurch, dass man so oft gekocht hat zum Beispiel. Also das war ein Konglomerat von Möglichkeiten, natürlich war es auch ein Treffpunkt, um Mädels zu treffen. Allein schon wie viele Ehen aus dem Jugendzentrum hervorgegangen sind, von Leuten, die sich zu dieser Zeit im Juz getroffen hatten und heute noch zusammen sind, das ist schon enorm.

Und wir hatten auch von Anfang an immer gute Kontakte zu den anderen Juzen oder Jugendclubs in der Region. So um 78, 79 rum sind dann die ersten Kreisjugendtreffen entstanden und gemeinsame Veranstaltungen. Wir hatten damals auch finanziell viele Möglichkeiten.

Dann kam auch eine neue Generation rein, dadurch kamen auch viel mehr politische Dinge mit rein. Die Organisation ging über vom klassischen Vereinsmodell hin zu den wöchentlichen Vollversammlungen. Es gab natürlich weiterhin die Mitgliederversammlungen, wo der Vorstand gewählt wurde, aber ansonsten haben sich die Leute im Juz getroffen und haben sich abends zusammengesetzt und haben die Sachen organisiert, das war dann nicht nur auf den Vorstand fixiert. Das war auch der Übergang zu diesem Anschluss an den VSJS, dann hat man sich auch eher als Teil der Selbstverwaltungsszene gesehen.

Peter und Joachim in der Juz-Küche

Peter: Ich denke, ich kam 76 rum ins Juz. Da war ich noch in der Realschule, da hatte ich einen Gitarrenkurs neben dem Jugendzentrum. Mit 14 muss das etwa gewesen sein, hab mich dann auch mal getraut, ins Juz zu gehen. Und sobald ich da ein bisschen drin war, ein paar Leute gekannt habe, ab dem Zeitpunkt bin ich in Waldhölzbach, wo ich herstamme, also so sechs Kilometer weg, kaum mehr gesehen worden. Das war halt in der Phase, wo ich mich vom Elternhaus lösen und raus wollte. Und Anschluss gesucht habe, wo ich mal irgendwo hingehen kann, außer in meinem Dorf in Waldhölzbach. Und ich wollte auch aus dem Dorf raus, wo nur ein paar hundert Leute wohnen, wo es gar nichts gab, außer uns in einem Partykeller zu treffen und zu trinken.

Ich war ab dann eigentlich nur noch hier im Jugendzentrum. Ich habe auch angefangen überall mitzumachen: Küchendienst, Einkaufsdienst, Plakate aufhängen und was man so alles gemacht hat, und dann Kassierer. Jeder brachte sich so ein mit seinen Fähigkeiten. Da hatten wir auch Leute, die super Kontakt hatten zu Bands, die dann auch die Bands beigebracht haben. So ganz ohne Internet keine einfache Aufgabe. Später, nach Joachim, war ich für einige Jahre auch Vorsitzender vom Juz-Verein und hab auch den Kontakt zur Gemeinde gehabt.

Peter (hinten) und Joachim beim Kreisjugendtreffen

In dieser Zeit war das Juz schon so ein bisschen linke Ecke, und die Leute hatten lange Haare, also eher das, vor dem der Pastor gewarnt hat. Damals kamen viele auch noch heimlich ins Juz. Die zu Hause gesagt haben, ich geh in den katholischen Jugendraum und dann sind sie abgebogen ins Jugendzentrum. Ja, und wir haben ja auch viel Neues gemacht, immer wieder neu ausprobiert. Zum Beispiel wurde die Bibliothek zur Siebdruckerei umgebaut, wo wir dann unsere Plakate und viele Aufkleber selbst druckten.

Und wir hatten Filme in unserem großen Saal gezeigt. Wir hatten einen 35mm-Projektor und es war halt die einzige Stelle, wo wir hier in der Gegend mal alternative Filme zeigen und sehen konnten, die sonst nur in Saarbrücken in der Camera oder so liefen. Später, als der Projektor kaputt war, haben wir mit dem Losheimer Kinobesitzer abgesprochen, dass wir bei ihm einmal im Monat montags einen Film unserer Wahl zeigen können, wir die Werbung machen und er dafür einen niedrigeren Eintritt verlangt. Im heutigen Verein „Filmfreunde Losheim“, der das alte Kino wiederbelebt hat, sind sicher nicht zufällig einige, die man auch früher im Juz gesehen hat.

Und dann eben sehr viele Konzerte. Erstmal gab es diese Discos und dann haben wir immer mehr Lust auf Konzerte gekriegt, und regelmäßig welche organisiert. In den Jahren 78 bis 83, hatten wir große Konzerte, wie die mit Guru-Guru, Munju, Abart ´81 vom Schneeball-Label und 1983 die Schneeball-Oper. Ich weiß noch das Schneeball-Konzert, die haben ausschließlich in deutschen Großstädten gespielt. Hamburg, Berlin, München, Köln und dann: Losheim. Oder die Konzerte mit Guru Guru, die ich mitorganisiert habe, da bin ich richtig stolz drauf. Nach der Schneeball-Oper hatten wir den Saalbau leider nicht mehr bekommen. Ich glaube, der Saal war für 750 zugelassen, wir hatten fast 1000 drin, weil man die Leute nicht wegschicken wollte. Durch diese großen Konzerte ist dann auch die Idee entstanden, am Stausee Konzerte zu machen. Aber das ist gescheitert, wir hatten damals das Strandbad nicht gekriegt. Später hat dann die Gemeinde genau dort genau die Art von Konzerten gemacht, die wir vorher machen wollten.

1980 zum 5-jährigen Jubiläum des Jugendzentrums haben wir auch noch eine Zeitung gemacht, das „Bleetschi“, wo wir Texte von Juz-Leuten, Gedichte, Prosa gedruckt haben, zum Teil sehr persönliche Texte, aber auch Politisches und Werbung für unsere Veranstaltungen. „Bleetschi“ ist Losheimer Platt für das amtliche Mitteilungsblatt. Wir haben dann „Nicht-“ drübergeschrieben. Vom März 81 bis Mitte 85 haben wir daraus eine Zeitung „von Losheimern für Losheimer“ gemacht, die sich eher als unabhängig vom Juz verstanden hat und mit Kommunalpolitik und Atomkraft, AKW Cattenom und Umweltschutz beschäftigt hat. Wir haben da auf dem Dorfplatz gestanden und hunderte davon verkauft. Für eine Mark. Und wir haben mit Artikeln auch einiges bewirkt, zum Beispiel wurden wir mal von den Verkehrsbetrieben eingeladen, weil wir einen Artikel gemacht haben über die kaputten Busse. Das wurde dann geändert. Letztlich entstand aus dieser politischen Arbeit über das „Bleetschi“ dann auch die erste grüne Fraktion im Gemeinderat Losheim.

Peter, links außen, vor dem Juz

Wir hatten damals das Juz vier Mal die Woche auf, die Engagierten waren teilweise 5 bis 6mal in der Woche da, man hat dann eben noch die Büroarbeit gemacht, geräumt, geputzt nach der Party. Also jeder hat da so seine unterschiedlichen Sachen gemacht, sich in den unterschiedlichen Bereichen engagiert. Und das war auf jeden Fall ein Riesen-Lerneffekt, den man damit gemacht hat. Ich meine, im Jugendzentrum gab es halt einfach nur die Jugendlichen, keinen Erwachsenen oder keinen, der von oben herunter da irgendwie reinregiert hat, und dadurch konnte man wirklich selbst gestalten. Und es hat auch Spaß gemacht. Ich habe auch Selbstbewusstsein da gelernt, Organisation gelernt, ganz vieles, was sonst vielleicht so nicht gekommen wäre. Die, die aktiv mitmachten, haben halt am meisten davon gehabt. Es war halt unser Treffpunkt. Man ist hingegangen, weil die Kumpels da waren. Man musste sich nicht verabreden, man konnte jeden Tag hingehen und die waren da. Und je mehr Leute du gekannt hast, umso eher kannst du dich halt drauf verlassen, dass was lief.

Liederabend 1980

Joachim: An diesen Umschwung hin mehr zum Politischen kann ich mich auch noch erinnern. Diese Veränderung hat sich auch in den Räumen gezeigt. Diesen kahlen Saal mit den Fliesen, den haben wir mit Batiktüchern abgehängt. Das sind ja so die klassischen Sachen, wo sich gezeigt hat, da ist jetzt der Generationenwechsel da. Das war 78, 79 und hat sich dann so bis 83, 84 auch so weiterentwickelt. Und das war ja auch mit die Hoch-Zeit der Jugendzentren und Jugendclubs hier im Kreis.

Also ich zum Beispiel habe 76 angefangen zu studieren, Sozialarbeit in Mainz, bin aber fast jede Woche zu Hause gewesen, ich war ja noch Vorsitzender vom Jugendzentrumsverein. Und dann habe ich sozusagen auch diese Sozialarbeiter-Attitüde von Mainz mit rübergebracht. Es kamen dann auch mehr Jusos dazu. Also ich würde schon sagen, dass sich diese allgemeinen politischen Veränderungen in Deutschland dann auch bei den Leuten hier niedergeschlagen haben. Es hat sich auch an deren Äußeren festgemacht, die langen Haare, damit auch der Protest, und der Versuch sich abzugrenzen.

In diesen Jahren war der Heilige Abend immer der bestbesuchte Abend, aber auch der besoffenste und der verkiffteste. Weil die Leute das nicht ausgehalten haben, zu Hause zu bleiben. Die haben Kämpfe geführt. Vor, während und nach der Bescherung wollte man weg und ins Juz. Das war so ein Running Gag zu dieser Zeit. Und das zeigt, man wollte sich einfach von bestimmten Dingen auch loslösen und befreien. Das hat sich dann auch im Juz niedergeschlagen, also hin zu diesen politischen Szenen. Da war auch wirklich viel Bewegung drin damals.

Zu der Zeit war auch die Rockpalastgeschichte, das waren immer Happenings, wenn die Talking-Heads da aufgetreten sind, oder so, das ging dann bis in den Morgen, dann haben wir auch dort übernachtet. Allein dieses Lebensgefühl, sich dort frei bewegen zu können, nicht irgendwelchen Zwecken unterworfen zu sein, das war sehr befreiend.

Wir hatten dann ja auch so eine Serie alternativer Filme gezeigt, da waren auch politische Sachen dabei. Zu der Zeit kam ja auch die AKW-Bewegung und die Friedensbewegung Anfang der 80er Jahre. Da hat sich natürlich die gesellschaftliche und politische Entwicklung auch bei uns widergespiegelt. Auch mit den Konzerten und mit entsprechenden Bands: Ton Steine Scherben dann, oder Die drei Tornados, die wären sonst nicht nach Losheim gekommen. Da haben mehrere Jugendzentren angefragt, und wir haben das dann zusammen organisiert.

Das sind natürlich diese ganzen Dinge, die dich selber prägen. Sodass ich jetzt sagen kann, diese Jugendzentrumszeit hat meine persönliche Entwicklung mehr als geprägt. Das geht bis heute, ich habe gerade ein Projekt „Kultur und Kino“ mitinitiiert, wo wir wieder Veranstaltungen organisieren. Also ich bin mit 68 Jahren, was diese Veranstaltungsorganisation angeht, an einem Punkt, wo ich von den Erfahrungen von 1978 nochmal vollkommen profitieren kann. Das ist schön zu sehen.

Mein Ausstieg aus dem Juz kam Ende der 70er. Ich bin 79 nach dem Studium nach Worms, habe mein Anerkennungsjahr gemacht, bin 80 dann als jüngster jemals eingestellter Leiter eines städtischen Jugendhauses in Mannheim-Neckarstadt eingestellt worden. Das war absolutes Bronx-Gebiet, Waldhof-Neckarstadt, da waren die Mega Hardliner. Ja, ich war dann seit 80 in Mannheim, war dann auch das Wochenende weg. Für mich war Anfang der 80er Jahre der Ausstieg im Jugendzentrum, natürlich immer die Verbundenheit, bis ich dann Anfang 84 für diese Beraterstelle wieder zurück nach Losheim kam (siehe eigener Artikel).

Konzert beim Kreisjugendtreffen 1981

Peter: Ja, bei mir war es mit der sozialen und politischen Prägung auch so. Erstens bin ich dann irgendwann zum VSJS gekommen. Von unserem Juz war ich der, der regelmäßig auf VSJS-Treffen gefahren ist, die irgendwo im Saarland waren, in irgendeinem Jugendzentrum. Ich habe mich dann beim VSJS ein bisschen mehr engagiert, war von 1981 bis 83 auch stellvertretender Vorsitzender, 1984 bis zu meinem Wegzug erster Vorsitzender und 82/83 auch Zivi beim Verband und hatte dann automatisch weniger Zeit für Losheim. Das hat noch nicht so viel ausgemacht, aber als ich dann nach der Lehre 84 anfing zu studieren, wars rum. Ich habe in Worms studiert, und ab dem Zeitpunkt war ich meist 5-6 Tage weg pro Woche und bin dann schon mit 23 Vater geworden. Es war dann keine Zeit mehr, es war das Ende meines Engagements in der Juz-Arbeit. Und dann war die nächste Generation halt auch dran. Das war bei mir also ein relativ harter Schnitt zu der Zeit, und ich kam nur noch selten und nur noch als Besucher.

Aber wenn ich so auf diese Zeit zurückblicke, muss ich auch sagen, da haben wir wahnsinnig viel bei gelernt. Allein organisatorisch, wie macht man eine Zeitung, wie organisiere ich ein Konzert, woran muss ich alles denken, und wie kriege ich das Geld bei. Ganz viel von dem, was ich später gemacht hab, habe ich im Juz schon mitbekommen. Wir Aktiven hatten richtig viel von dem Jugendzentrum. Und das Engagement war sicherlich auch, um dann irgendwie anerkannter zu sein. Also das Feedback, das man gekriegt hat, die Anerkennung, die Wertschätzung dafür, dass du dich engagierst für die Gemeinschaft, war die ganze Arbeit auch wert. Und die Freundeskreise von heute, die basieren eigentlich alle auf dieser Zeit im Jugendzentrum.

Ja, ich finde auch, dass das Juz uns geprägt hat und wir die Zeit mitgeprägt haben durch unser Engagement, auch im Dorf.

Joachim: Das war bei mir sicherlich auch so, diese Wertschätzung im öffentlichen Ansehen, dass man zum Beispiel Vorsitzender vom Jugendzentrum war, war für meine persönliche Entwicklung sicherlich auch wichtig. Natürlich gab es auch jede Menge Konflikte in der Zeit, als ich Vorsitzender war. Aber wir haben die hoch solidarisch ausgetragen, und dadurch gab es auch diesen Zusammenhalt. Ich könnte heute noch 20 Leute aufzählen, die sich immer auf die Jugendzentrumszeit beziehen, wenn wir uns heute treffen. Das ist ja eigentlich eine tolle Qualität.

Als Beispiel dafür, dass jeder etwas mitgenommen hat an Eindrücken. Also der Zusammenhalt und tragfähige Freundschaften über 40, 50 Jahre aus dieser Zeit in den Siebzigerjahren ist schon toll. Das hat, finde ich, einen hohen Wert und Qualität.

Und dass ich heute noch so politisch bin, dass ich heute noch so organisieren und machen kann, das finde ich auch sehr bemerkenswert. Wir waren sicherlich in all den Jahren der Jugendzentrumszeit oder auch zu Anfangszeit von den Grünen im Dorf, immer die Underdogs. Aber bei allem war es so, dass man trotzdem irgendwie anerkannt war, weil man natürlich auch Teil einer Community war. Und letztlich hat die Politisierung auch in Losheim dazu geführt, dass in dieser Gemeinde auch Dinge anders gelaufen sind. Es wird jetzt ganz anders gesehen und wertgeschätzt, und anders damit umgegangen, als es damals war. Das ist auch der Jugendzentrumszeit zu verdanken.
Die Jugendzentren waren dieser Freiraum, aus dem u.a. nachher die Anti-AKW und
Friedensbewegung entstanden sind. Die Akteure der Jugendzentren waren dann ja auch Akteure der Friedensbewegung und auch der Anti-AKW-Bewegung. Natürlich gab es auch andere Initiativen. Aber entscheidend war dieses Labor Jugendzentrum und was man dort gelernt hat. Ich glaube, diese Politisierung, die Qualität, die in den Jugendzentren gelaufen ist, war einmalig.