VSJS Logo

Verband saarländischer Jugendzentren in Selbstverwaltung e.V.

Das Dillinger Jugendzentrum 1974 bis 1992

Anm. des VSJS50 Team: Im Text werden die verschiedenen Phasen des Juz Dillingen beschrieben. Die erste, „Der Zauber des Anfangs“ ist am besten dokumentiert. Die weiteren Phasen können gerne ergänzt werden, meinte Paul“. „Große Erwartungen (75 – 80)“, “ Die Mühen der Ebenen (80-85) und „Kein Plan B (85 bis Ende des Juz)“. Daran anschschließend erzählt ein ehemaliger Punk die Jahre ab 1987.

Vom Zauber des Anfangs - von Paul Phillipi

Dillingen – eine Mittelstadt im mittleren Saartal mit 20.000 Einwohnern. Anfang der 70er Jahre noch in ernst zu nehmender Konkurrenz zur nahen Kreisstadt Saarlouis. Die Dillinger Hütte ist der größte Arbeitgeber, die CDU stellt den Bürgermeister und mit zahlreichen Geschäften und weiterführenden Schulen ist die Stadt Einzugsgebiet für etliche Gemeinden im ländlichen Umfeld.

Die Initiative für ein Jugendzentrum geht 1972 von einer Gruppe Oberstufenschüler-Innen des Staatlichen Realgymnasiums aus. Politisch steht diese Initiative links, sie fordert ein selbstverwaltetes Jugendzentrum in eigenen Räumlichkeiten ohne politische oder konfessionelle Anbindung und ohne kommerzielle Interessen, das allen Jugendlichen offen stehen soll.

Unterstützung erhält die Gruppe vom evangelischen Pfarrer, der im Gemeindehaus Räume für Veranstaltungen und Benefizkonzerte zur Verfügung stellt. Auch in der erst kurz zuvor eröffneten Fußgängerzone (der ersten im Saarland!) gibt es Aktionen der Initiative, dabei sorgt auch ein kurzes, selbst inszeniertes Theaterstück für Aufmerksamkeit und Unterhaltung.

„Wir hatten zusammen ein recht improvisiertes und manchmal klamaukiges Theaterstück entwickelt, in dem eine Gruppe von Jugendlichen zuerst vom Parkwächter vom Rasen vertrieben und später von einem Kneipenwirt wegen mangelnden Getränkekonsums angepflaumt wird. Auf der Straße stehend reden sie davon, wie schön es wäre, eigene Räume zu haben und dass sie endlich aktiv werden wollen für dieses Ziel.

Einmal führten wir unser Stück in Saarbrücken auf dem Eschberg auf, wo es wohl auch eine Initiative für ein Jugendzentrum gab.“

Auf Seiten der Stadt trifft das Vorhaben auf keinen nennenswerten Widerstand und anders als in Saarlouis, wo die Stadt der Jugend ein JuZ unter städtischer Leitung spendiert, wird die Forderung nach einem selbstverwalteten Treffpunkt im Dillinger Stadtrat akzeptiert.

Anfang 1973 bietet die Stadt der JuZ-Initiative drei leer stehende Lagerräume in recht ramponiertem Zustand in der Johannesstraße an, also in relativer Nähe zum Stadtzentrum. Der städtische Bauhof richtet Toiletten ein und leistet Vorarbeiten an der Elektrik, alle anderen Renovierungsarbeiten werden von den Jugendlichen selbst ausgeführt. Im Herbst ’73 ist eine Gruppe von 10 bis 20 Jugendlichen an der Arbeit, sporadisch unterstützt von weiteren HelferInnen. Sogar Teile des Flachdachs werden mit Teerbahnen selbst abgedichtet.

Am 8. Juni 1974 ist es dann so weit; in Anwesenheit des Bürgermeisters und zur Musik einiger „local heroes“ wird die Eröffnung des Jugendzentrums gefeiert. Die weitere Unterstützung von Seiten der Stadt bleibt mit 1.500 DM jährlich bescheiden und über Jahre ein Streitpunkt, auch wenn die Stadt die Kosten für Strom, Heizung und Wasser (und später auch für ein taz-Abo!) übernimmt. Mit diesem knappen finanziellen Rahmen bleibt jede Veranstaltung ein Risiko, manche Anschaffung (lange Zeit war ein Fotolabor der große Wunsch) ist nicht zu stemmen.

Vieles wird also in Eigenleistung gebastelt und gebaut wie etwa die Sisal-Lampen oder die rustikale Theke, die meisten Möbel kommen vom Sperrmüll. Dafür wird das Wir-Gefühl der Aktiven durch diese gemeinsamen Arbeiten  gestärkt und die praktizierte Selbstverwaltung trägt spürbar zur Identifikation mit der Institution Jugendzentrum bei. 

„Ich denke, dass sich damals im JuZ (und auch schon in der Vorbereitungs- und Gründungsphase) Jugendliche zusammengefunden hatten, die nach Alternativen zu den herkömmlichen Entfaltungsmöglichkeiten suchten.

Wichtig und erfreulich finde ich, dass die meisten JuZler sich nicht in ideologische Zwänge fesseln liessen, und das blieben, was man landläufig „Spontis“ nennt.“  (Herbert Bellmann)

Gleich hinter der Eingangstür in der bunt gestrichenen Fassade gibt es rechts einen abgetrennten Leseraum, das spätere Büro, der auch von kleineren Gruppen genutzt werden kann. Der sich anschließende größte Raum im JuZ ist mit ca. 300 qm der Versammlungsraum mit einer kleinen Bühne, der bei gut besuchten Veranstaltungen mehr als 250 Personen fasst und von dem später noch eine kleine Teestube abgetrennt werden soll. Dahinter gibt es noch einen kleineren Raum von ca. 40 qm, der ebenfalls von AGs genutzt wird und in den 80er Jahren auch als Probenraum für Bands dient.

In den frühen Jahren aktiv sind die Film AG, ein Literaturkreis, die Projektgruppe Folk, kurzzeitig gibt es eine Theater- und Kunstgruppe und eine IG Knast. Beratungen zur Kriegsdienstverweigerung werden angeboten, politische Gruppen wie der KBW (Kommunistischer Bund Westdeutschlands), die Falken, KPDML oder auch die JU stellen sich vor. Regelmäßig gibt es Filme  (von „Asphalt Cowboy“ über „Monterey Pop“ bis hin zu Claude Chabrol oder „Z“). Zur ersten WDR Rockpalast-Übertragung etwa wird 1974 ein Fernseher im JuZ aufgebaut, das Haus ist voll. Konzerte, in den 70er Jahren viel Folk, Liedermacher oder Kabarettisten, sind gut besucht, ein anderer Publikumsmagnet sind die regelmäßigen Tanzfeten, die auch immer wieder neue Leute ins JuZ bringen.

Die Musik spielt in dieser Phase eine tragende Rolle, 1975 wird die „JuZ-Hausband“, die „Jug Stompers“, vom SR zu einem Konzert mit „Amon Düül II“, einer damals angesagten Deutschrockband aus München, eingeladen.

„An einem Samstagabend des Jahres 1976 sollte um 20 Uhr die amerikanische Bluegrassband Hogwood im JuZ aufspielen. Der Raum war sehr gut gefüllt, was fehlte, war die Band. Handy gab es ja noch nicht… Irgendwann rief dann der Manager der Band an, die MusikerInnen stünden in Dillingen, könnten aber das Jugendzentrum nicht finden. Im Lauf des Gesprächs wurde dann klar, die Band war in Dillingen an der Donau gelandet.

Die Reaktion des Publikums war ungläubiges Gelächter, die Stimmung blieb  gut. Das Konzert wurde nachgeholt.“

Neben den vielen Jugendlichen, die im JuZ eine Alternative zu konventionellen Freizeitangeboten oder auch alternative Lebensentwürfe suchen, stellt das Jugendzentrum immer auch einen Anlaufpunkt für gesellschaftliche Aussenseiter dar. Der Ruf des Jugendzentrums in der Stadt bleibt leider durch die Jahre mal mehr, mal weniger zweifelhaft und hat wohl auf manche Jugendliche eine eher abschreckende Wirkung.

In Mitgliederversammlungen wird der Vorstand gewählt und die Kassenprüferin, die im Juz bei wechselnden Vorständen immer wieder Elke Heub heißt. An dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an Elke! In den wöchentlichen Vollversammlungen wird ausführlich und manchmal ausufernd diskutiert, oft genug über immer gleiche Themen wie Putz- und Thekendienste.

„Ich erinnere mich an zumindest eine Vollversammlung, in der es laut und kontrovers zuging. Eine der linken Splittergruppen (von denen es in den 70er Jahren einige gab) hatte angefragt, ob sie in den Räumen des Jugendzentrums ein wöchentliches Treffen zum Studium ihrer Zeitung abhalten dürften, was ihnen auch zugestanden wurde. Als die Gruppe im Regionalteil der SZ zu ihrem wöchentlichen Treff einlud, wurde die Stadt aufmerksam und stellte das Ultimatum, den Lesekreis einzustellen oder die Räumlichkeiten zu verlieren. In der darauf folgenden Vollversammlung, in der die linke Gruppe auf unsere Solidarität drängte, entschieden wir uns nach hitziger Diskussion, dem Lesekreis die Erlaubnis zu entziehen. Wohl fühlten wir uns bei dieser Entscheidung nicht, im Endeffekt gaben wir ja dem Druck der Stadt nach…“

Die kurze Anfangsphase der Jugendzentrums (vielleicht ein, anderthalb Jahre) ist relativ friedlich und konfliktarm, doch bald beginnen die ersten Probleme mit Drogen und wenigen aber schwierigen aggressiven Gästen, mit denen sich die Aktiven im Jugendzentrum sehr schwer tun. Die Lösung dieser Probleme bleibt leider in der Geschichte des Jugendzentrums ohne wirklichen Erfolg. Es gehört zu den Prinzipien des Jugendzentrums, dass es allen offen stehen soll und so dient es leider einigen Dealern und Gewalttätern als „ideales Betätigungsfeld“, weil sie hier keine Sanktionen befürchten müssen. Im Dillinger Jugendzentrum wird jedenfalls kein einziges Hausverbot ausgesprochen.

Wenig Hilfe bei diesen Problemen bringen die Handvoll Zivildienstleistende bis in die frühen 80er und drei von der Stadt Dillingen für ein, zwei Tage in der Woche gestellte Sozialarbeiter. Immerhin garantieren sie zumindest für ein paar Jahre eine gewisse Kontinuität im JuZ-Alltag.

Die Gründermütter und -väter des Jugendzentrums (die erste Generation) hat sich schon nach ein, zwei Jahren Mitte der Siebziger zum großen Teil zurückgezogen, die nachrückenden Jugendlichen sind im Schnitt etwas jünger und bringen auch ihre eigenen Vorstellungen ein.

„Ich erinnere mich an ein Ehemaligen-Treffen der ersten JuZ Aktiven, das Mitte der 70er bezeichnender Weise nicht im JuZ selbst, sondern in einer Kneipe stattfand. Dort erklärte einer der Gründer (halb im Scherz aber ohne großen Widerspruch), dass er sich ja gar nicht mehr ins Jugendzentrum traue. Schon allein, wie duster es dort immer sei…“

Große Erwartungen

In der zweiten Hälfte der 70er ist das gesamte Jugendzentrum Teil der Anti-AKW-Bewegung. Zu Anti-Cattenom Demos und der großen Demo 1979 in Bonn wird mobilisiert und gemeinsam hingefahren.

Typisch für diese Zeit sind auch mehrere Aktionen, die das Jugendzentrum in der Fussgängerzone am Odilienplatz zum Thema Atomkraft und Kriegsdienstverweigerung durchführt.

Die zweite Hälfte der siebziger Jahre ist geprägt von zwei Initiativen, die im JuZ entstehen und darüber hinaus wirken: „Folkething“ und „Zukunftswerkstatt“.

Die Initiative für die vier großen Festivals, die unter dem Namen „Folkething“ in Dillingen stattfinden, lässt sich mit der Ende 60er, Anfang 70er Jahre in Deutschland grassierenden Folk- und Liedermacherbewegung erklären. Im Geiste der legendären Festivals auf Burg Waldeck entstehen Folkclubs und Festivals wie etwa in Tübingen, Mainz oder Ingelheim. Ziel dieser Bewegung ist, auch in Deutschland eine Bühne für Folkmusik, Chanson, Liedermacher und politisches Lied zu schaffen quasi als Gegenentwurf zu Schlager und kommerzialisierter Popmusik.

Im Jugendzentrum gründet sich 1975 die Projektgruppe Folk, in der nach einer Reihe erfolgreicher Musik- und Kabarettveranstaltungen die ambitionierte Idee entsteht, auch in Dillingen ein größeres mehrtägiges Festival zu veranstalten. Der Stadt wird ein Konzept für das Festival vorgelegt und wohlwollend aufgenommen. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, es sind bereits KünstlerInnen gebucht, als die Stadt ihre mündlichen Zusagen zur logistischen und finanziellen Unterstützung zurückzieht.

Nach einigem Ärger und Frust gibt es bereits wenige Monate später einen zweiten Anlauf; im Zusammenschluss mit den Dillinger Jusos, der Evangelischen Jugend und dem Jugendforum Nalbach gelingt die Organisation und Durchführung des ersten Dillinger Folkethings im September ’76. Das JuZ mit seinen Folk-Verbindungen und einer Vielzahl von HelferInnen bildet dabei die treibende Kraft der Initiative. Selbst organisiert und auf eigenes Risiko (für eine Ausfallbürgschaft hat sich ein Kuratorium aus einigen Privatpersonen bereit gefunden), mit mehreren tausend Besuchern und fast 100 HelferInnen ist das zweitägige Festival im Großzelt im Weisskreuz-Stadion ein voller Erfolg und bringt auch steigende Akzeptanz und Besucherzahlen für das JuZ.

Vier Festivals finden statt mit Musik, Workshops, Kabarett, Theater, Lesungen, Diskussionen und Kinderprogramm. Zahlreiche Gruppen und InterpretInnen wie Schnuckenack Reinhardt Quintett, Sammy Vomacka, Martin Kolbe, Hans Dieter Hüsch, Max von der Grün, Günther Wallraff oder auch Arnfried Astel haben ihre Auftritte.

1978 gibt es im ZDF Jugendmagazin Direkt einen 20minütigen Beitrag zum Festival und Jugendzentrum. Die Resonanz auf die Festivals ist auch überregional beachtlich doch 1979 endet die Erfolgsgeschichte. Nachdem bereits das dritte Festival bei Regenwetter stattfinden muss, ist das vierte Folkething völlig verregnet und das ausbleibende Publikum bedeutet einen so großen finanziellen Mißerfolg, dass  die Initiative nach diesem Rückschlag aufgibt. Ein weiterer Grund ist, dass der  Höhepunkt der Folkbewegung in der Bundesrepublik überschritten ist, auch die Zeit der Folk- und Liedermacherkonzerte im JuZ endet damit abrupt.

Bemerkenswert bleibt, wie erstaunlich gut die Zusammenarbeit funktioniert zwischen den vier Jugendgruppen, die den Verein Folkething tragen, die Folkething-Episode bleibt ein Beispiel für gelungene Selbstverwaltung.

„Ich erinnere mich, dass das Folkething ohne zwei Erwachsene so auch nicht hätte stattfinden können: Dr. Rudi Peter, der für uns nicht nur die Sponsoren gewann, die am Ende den finanziellen Verlust übernahmen und Günther Mittermüller, SPD Stadtrat, der uns den ein oder anderen Stein aus dem Weg rollte und beim Zeltaufbau selbst mit anpackte. Hauptsächlich Rudi hat sich von den ersten Jahren an immer wieder stark für das JuZ engagiert und Anstöße gegeben.“

Die zweite Initiatve, die im JuZ entsteht (und in diesem Fall weit herausführt) ist die „Projektgruppe Alternatives Leben“. Aus ihr gründet sich im November 1978 der „Verein zur Förderung alternativer Lebensformen“, aus dem schließlich 1982 die „Zukunftswerkstatt Saar“ werden soll. Schon die Projektgruppe trifft sich mit ca. 30 Leuten in einem Büro über dem Jugendzentrum und beschreibt ihre Zielsetzung mit den Worten: „Sie wollen gesünder und mit sanfter Technik arbeiten, alternative Energien erforschen, in Kommunen zusammenleben, Landwirtschaft und Werkstätten betreiben, miteinander schmusen…“. Zwei größere Aktionen veranstaltet der Verein im Jahr 1979 in der Dillinger Stadthalle; die Ausstellung „Kunstgewöhnliches“ und „Energieformen mit Zukunft“. Zwei Projekte entstehen konkret aus der Initiative: eine Fahrradwerkstatt und die Schreinerei Holzbock.

In den späten 70ern verabschiedet sich nach und nach die zweite Generation der Juz-AktivistInnen und und wieder bestimmen neue, deutlich jüngere Jugendliche fortan den Kurs. Das frühe JuZ-Klientel, das hauptsächlich aus GymnasiastInnen von alternativ-linker Grundrichtung besteht, wird abgelöst von einem durchmischteren Kreis von SchülerInnen und Auszubildenden, auch mehr Mädchen und junge Frauen sind jetzt in Führungsrollen zu finden. Weiter gilt, dass viele der Aktiven sich schon vor ihrer Zeit im JuZ gekannt haben, in einigen Fällen sind es auch ganze Cliquen, die das Jugendzentrum für sich entdecken. Auch der Anteil der „PendlerInnen“ aus dem Umland ist mit ca. 50% sehr hoch. In guten Zeiten sind  in den 70er Jahren ca. 20-30 Leute aktiv, später sollen es etwas weniger werden. Anfang der 80er hat das Jugendzentrum 140 Mitglieder, wie hoch der Anteil der Karteileichen ist, bleibt unklar. Eine ganze Gruppe älterer Aktiver, die zu diesem Zeitpunkt ausscheidet, engagiert sich nunmehr in der entstehenden „Zukunftswerkstatt Saar“.

Die Mühen der Ebene

Anfang der 80er ist das JuZ nun in jüngeren Händen und auch die BesucherInnen werden noch einmal jünger. Die auftretenden Bands spielen nun eher Punk- und Rockmusik. Spielenachmittage, Lesungen und Theateraufführungen kommen zum Angebot hinzu. Die beliebten Tanzfeten finden weiterhin statt, auch hier ist Punk die bevorzugte Musikrichtung…

Nach einer größeren Renovierungsaktion Ende 1981 geht der Betrieb weiter, die Besucherzahlen stabilisieren sich. Nach wie vor ist die Teilnahme an Anti-AKW-Demos hoch, zu den großen Abrüstungs-Demos 1981/82 in Bonn wird ein Bus organisiert.

„Nach erfolgreicher Absolvierung der Einführung in die Technik eines 16mm Filmvorführgerätes in der Kreisbildstelle Saarlouis, war ich als Filmvorführer zugelassen und durfte die Geräte dort abholen, die bestellten Filme in einer Versandkiste am Güterbahnhof Dillingen einsammeln und dann die Technik für den Filmabend im JuZ installieren. Die Horrorvorstellung war (bei i. d. R. vollem Haus und voller Kasse) nach dem Wechsel der 2. Rolle (und der 2. Flasche Bier ?) dass es zu einem Filmriss kam und die Vorführung unterbrochen werden musste. Da waren die Leute nicht immer von begeistert und in den Anfängen, (es kam schon öfter vor dass die Filmrolle riss, je nachdem wie erfolgreich der Film schon woanders gelaufen war, z. B. „Einer flog über das Kuckucksnest“) ohne die notwendige Routine war das für mich eine echt aufregende Situation. Ich wollte ja einen Tumult und einen Aufstand, „Geld zurück – Rufe „ vermeiden……….aber nichts davon kam vor. Es ging immer wieder gut aus. Und manchmal gab es am Ende auch Applaus. Eine ganz besondere Erfahrung!“  (Gregor Franz)

1984 wird das 10jährige Bestehen mit einigen Veranstaltungen gefeiert, zu schaffen macht dem JuZ, dass die städtischen Zuschüsse auf 800 DM jährlich gekürzt und die Sozialarbeiterstelle gestrichen wird.
Von Seiten der Stadt ist mittlerweile so gut wie keine Unterstützung mehr zu erwarten. 

Geöffnet ist das JuZ täglich, auch die wöchentliche Vollversammlung findet noch statt. Einem Zeitungsbericht ist zu entnehmen, dass die BesucherInnen im Schnitt 18 Jahre alt sind, an Wochentage finden sich ca. 20 Leute und an Wochenenden deutlich mehr Leute ein. Gitarrenkurse werden angeboten, es gibt eine Volleyball-AG. 

„Meist sind es jedoch immer nur die gleichen Leute, die regelmäßig kommen.“ (Sabine Grünwald)

Im Oktober 1985 kommt es zu einer Brandstiftung im Jugendzentrum. Nach anfänglicher Resignation angesichts der anstehenden Arbeiten und der geringen Zahl der Aktiven wird die Renovierung doch angegangen, der Rauchgeruch hält sich allerdings noch etwas länger.

„Die Wände und Decken sind schwarz verrußt, fast alle Sitzmöbel und Schränke sind verbrannt, die Elektrik funktioniert nicht mehr, Scheiben sind gesprungen usw.“ (Sabine Grünwald)

 

Kein Plan B

Die Zahl der Aktiven geht zum Ende der achtziger Jahre weiter zurück, die ursprüngliche Euphorie und das Engagement sind etwas verblasst. Nach und nach verabschiedet sich eine weitere Generation aus dem Jugendzentrum, ohne dass eine „neue“ Generation übernimmt. Die Zahl der Jugendlichen, die das Jugendzentrum nur noch als Treffpunkt und Unterschlupf nutzen, ohne selbst tätig zu werden, ist dagegen gewachsen. 

Aber noch Anfang der 90er Jahre ist das Jugendzentrum nach wie vor ein Ort für Veranstaltungen, zahlreiche Punkkonzerte finden statt mit regionalen und überregionalen Bands. Ein Mal tritt gar eine Punkband aus London im JuZ auf!

Ein zunehmender Konflikt verschärft die Lage: das JuZ ist in der zweiten Hälfte der 80er zu einem Anlaufpunkt für Punks aus dem ganzen Kreis Saarlouis und darüber hinaus geworden. Auseinandersetzungen zwischen einer Gruppe rechtsradikaler Skinheads aus der Nachbarstadt Saarlouis und Punks greifen Anfang der 90er Jahre auch auf das JuZ über. Nach dem Versuch eines Brandanschlags, mehreren Bedrohungen und Schlägereien ist der schlimme Tiefpunkt ein Überfall der Skins auf das Jugendzentrum, bei dem es zu Verwüstungen kommt. Auch eine Demo gegen die rechtsradikalen Umtriebe wird in Dillingen organisiert.

Doch die Handvoll noch Aktiver kann das Jugendzentrum nicht mehr retten, nur noch sporadische Öffnungszeiten und ein harter Kern von Benutzern verbleiben.

Als auch die Schlüssel des Jugendzentrums schließlich bei Unbefugten landen, zieht eine der wenigen verbliebenen Verantwortlichungen die Notbremse und meldet den Verein Jugendzentrum e.V. 1992 beim Amtsgericht Saarlouis ab. 

18 Jahre alt ist das Dillinger JuZ geworden, vielleicht liegt eine gewisse Ironie in der Tatsache, dass das Jugendzentrum das Erwachsenenalter nicht mehr erlebt hat…

Geblieben dagegen sind viele Freundschaften und Kontakte, die im Jugendzentrum geknüpft wurden und in sehr vielen Fällen bis heute andauern.

Mein Dank geht an viele ZeitzeugInnen, ohne deren Erinnerungn dieser Artikel nicht hätte geschrieben werden können. Danke Herbert Bellmann, Roman Denis, Gregor Franz, Sabine Grünwald, Uwe Pollack, Susanne Schmitt, Isabelle Steimer. Vielen Dank auch an Gertrud Schmidt.

Eine Annäherung von Paul Philippi

Paul Philippi – hat auch Bezüge 😉 zum derbuchladen in Saarbrücken!

Weitere Links

Hier könnt ihr einen Blick auf die Dokumentation  der Anfangsphase des Juz Dillingen 1975 werfen. Auch einen intensiveren. Hinter dem Link findet ihr eine super Beschreibung der damaligen Lage im Juz. Sehr interessant. 

Und hier nochmal der Link zum DIREKT - Film übers Juz: