Der Verband als Träger eines Jugendzentrums - wie kam es denn dazu?
Der Verband übernahm 1996 die Trägerschaft über das Jugendzentrum in Lebach. Wie es dazu kam, soll hier nochmal nachgezeichnet werden anhand eines leicht überarbeiteten Artikels, der zur Eröffnung erschien.
Juz Lebach - die Anfänge
Es begann bereits 1989, als sich eine Handvoll Halbwüchsiger in Lebach aufmachten, um für ein Jugendzentrum in der Theelstadt zu sorgen. Der Name der Gruppe: „Aktive Jugend Lebach“. Aktiv wurde man beim Aufhängen eines Transparentes in der Lebacher City und der Gründung eines Vereis, der sich dann „Verein zur offensiven Realisierung eines Jugendzentrums in Lebach“ (VoRJu) nannte. Nach einer Unterschriftenaktion und einem Auftritt auf dem Weihnachtsmarkt kam das erste Highlight: Eine Aktionswoche unter der Theelbrücke mit Workshops und Konzerten im Herbst ‘91. Weniger erfolgreich dagegen waren die Verhandlungen mit der Stadt um kommunale Räumlichkeiten für die Initiativgruppe. Als Alternative wurden kurzerhand ab Juni ‘93 von der Deutschen Bahn Räume in der oberen Etage des Bahnhofs angemietet. Hier wurden, wenn auch unter beengten Bedingungen, die ersten Gehversuche in Sachen Jugendzentrum unternommen. Neben diversen kulturellen und politischen Aktionen wurde im August ‘94 dann das erste zweitägige „Freak-End“ Open-Air auf der „Tanneck“ veranstaltet, dem im Jahr darauf ein Fortsetzungsfestival folgte. Parallel wurden im Geschwister Scholl Gymnasium Kellerräume angemietet und zu Proberäumen für Lebacher Bands umgebaut.
Der Umbau in der Jabacher Straße
Da die Räumlichkeiten im Bahnhof wegen dem abzusehenden Abriss des Gebäudes keine Perspektiven boten, wurde Ende 1993 ein leerstehender Bahnschuppen in der Jabacher Straße angemietet und mit den Umbaumaßnahmen zu einem Jugendzentrum begonnen. Dies gestaltete sich allerdings dank der Auflagen der für den Umbau zuständigen Ämter schwieriger als erwartet. Und so mussten die Lebacher JuzlerInnen die leidvolle Erfahrung machen, dass vor der Eröffnung einer Jugendeinrichtung die Bauabnahme durch die „Untere Bauaufsicht“ steht. Und um deren Bauauflagen zu erfüllen musste erstmal rangeklotzt werden. In dieser Phase schon mit heftiger Unterstützung des VSJS musste z.B. von einem Architekten ein Plan organisiert werden, von einem Statiker ein Statikgutachten, welches dann wiederum von einem Statikprüfer geprüft werden musste. Ein Wärmeschutzgutachten, Auflagen zum Schallschutz und die Gewerbeaufsicht führten zu weiteren Komplikationen. Insgesamt eine zeitaufwendige und nervenaufreibende Aktion für alle Beteiligten. Zusätzlich war man damit konfrontiert, die notwendigen Gelder für die Umbaumaßnahmen zu organisieren, die sich aufgrund der Auflagen natürlich auch immer weiter in die Höhe schraubten. Die Kosten wurden dann, mangels ausreichender öffentlicher Zuschüsse, durch Privatkredite gedeckt. Dies belastete, neben den Mietzahlungen an die Deutsche Bahn, die finanzielle Situation des Jugendzentrumsvereins enorm und führte auch zu internen Konflikten.
Anfang und Ende - und umgekehrt
Ende ‘96 kam dann der Hammer per Post ins Haus: Die inzwischen zur privatwirtschaftlichen Deutschen Bahn Immobilien GmbH mutierte ehemalig gemütliche Bundesbahn kündigte den Mietvertrag mit dem VoRJu zum Jahresende. Auch verschiedene hektische Interventionen des VoRJu und VSJS auf juristischer und politischer Ebene konnte dies nicht verhindern. Ein halbes Jahr ging das Gerangel hin und her, bis dann der Verband das Mietverhältnis mit der DB übernahm, nachdem der VoRJu als Vertragspartner abgelehnt wurde. Als Dreingabe erhöhte die DB Imm GmbH mit der Bemerkung, sie seien halt jetzt ein Profitcenter, die Miete von ehemals 150,- DM auf 670,- DM monatlich. Kapitalismus halt, schnell gelernt von der DB Imm. Angesichts der zu dem Zeitpunkt bereits investierten 50.000 DM an öffentlichen und privaten Geldern blieb allerdings kaum eine Alternative zum Weitermachen. Der VSJS musste sich mit seiner neuen Rolle als Träger eines Jugendzentrums auseinandersetzen. Zu diesem Zeitpunkt war der VoRJu auch schon auf eine kleine Restgruppe zusammengeschmolzen, eigentlich heillos zerstritten und mit einem Ruf behaftet, der dem JUZ-Aufbau nicht gerade dienlich war. Der Verband sah sich vor der Herausforderung, ein Jugendzentrum zu eröffnen, ohne auf eine Kerngruppe von engagierten Jugendlichen zurückgreifen zu können. Zwar wurde von den während der Renovierungsphase hereinschauenden Leuten immer wieder die Dringlichkeit des Vorhabens bestätigt. Ob allerdings die Konzeption wie geplant umgesetzt werden konnte, musste sich in der Praxis erstmal zeigen.
Aber vor der Eröffnung stand ohnehin zuerst die Fertigstellung des Jugendzentrums. Und wer kann heute noch ermessen, wieviel Liter Schweiß aus Zivi- und Sozialarbeiterporen quellen musste, bis das Jugendkulturcenter vollendet werden konnte? Nur für die, die das Juz heute kennen und keine Ahnung haben, wie das vorher aussah: Der Bau hatte weder eine Decke, noch richtigen Boden, keine Fenster, keinen Wasseranschluss, keine Elektrik, keine Klos, nur unnütze Wände die entfernt werden mussten. Auch ein kleiner Hausanbau wollte gemauert werden. Und danach? Gewagte Styropordeckenplatten versprühten ihren ungebremsten Charme, der nicht minder gewagte Betonfußboden hinterlässt eine gewisse Coolness. Eine in mühevoller Kleinarbeit gearbeitete Theke, mit Intarsienarbeiten verziert, lädt zum gemütlichen Verzehr leckerer Getränke. In kurzer Zeit wurde das nette Jugendzentrum zum Liebhaben zusammengebaut.
Das Konzept
Die Fähigkeit, aus der Not eine Tugend zu machen, hat der VSJS schon öfter unter Beweis gestellt. Mit der Juz-Trägerschaft wurde gleich mal eine innovative Konzeption für Jugendzentren entwickelt, die allerdings nur die zweitbeste Wahl darstellt, direkt hinter dem altbewährten Selbstverwaltungskonzept mit Jugendzentrumsverein. Grob skizziert wird über die Trägerstruktur so viel personelle Unterstützung (durch Zivis und Sozialarbeiter des VSJS) bereitgestellt, wie von den Juzaktiven gewünscht. In der Anfangsphase werden anderthalb Zivildienstleistende zur Aufrechterhaltung der Öffnungszeiten, vorwiegend im Nachmittagsbereich, bereitgestellt. Geöffnet ist die ganze Woche ab etwa 13 Uhr. Durch Öffnungszeiten und Angebotspalette werden unterschiedliche Jugendszenen angesprochen. So wird das Juz nachmittags von den Jüngeren (ab ca. 13) genutzt, die abends von den Älteren (ab 18) abgelöst werden.
Entscheidungsgremium ist die wöchentliche Vollversammlung, zu der alle JuzbesucherInnen eingeladen sind. Der Thekendienst und die weiteren Aktivitäten werden von den Juzaktiven übernommen. Der VSJS organisiert nur die Rahmenbedingungen und hält differenziert Unterstützungsleistungen bereit. Schwerpunkt neben dem offenen Betrieb sind die Konzertaktivitäten, die von einer Konzert-AG organisiert werden. Weitere Schwerpunkte ergeben sich aus den Interessen der BesucherInnen.
Eröffnung
Für den 26. Juli 1997 war dann Eröffnungsfete angesagt. Und unter dem auffordernd zweideutigen Titel: „JETZT SEID IHR DRAN!“ wurde mit einem Flugblatt für das JUZ geworben. Das Eröffnungskonzert mit den saarländischen Hardcore-Heroen BUSHFIRE und den Lokalmatadoren B-ABUSE verlief erfolgreich, und so konnte es im Monat Juli mit gleich drei Konzerten weitergehen. Die anfänglichen Ängste bezüglich der Lärmbelästigung der Nachbarschaft wurden gütigerweise nicht bestätigt. Vorausschauend wurden schon mal Handzettel verteilt, in denen um Toleranz für das Kulturprogramm bei den Anwohnern geworben wurde. Auch die Freizeitrocker, die im gleichen Gebäude ihren Clubraum unterhalten, hielten sich friedlich zurück.
Startschwierigkeiten
Startschwierigkeiten sind im JUZ-Metier nicht unüblich und durch die musste auch das JUZ Lebach durch. Der BesucherInnenandrang war während der Schönwetterphase im Sommer nicht so heftig wie gewünscht. Je später der Sommer und je ungemütlicher es draußen wurde, desto größer wurde allerdings auch der Zuspruch der Zielgruppe. Im November musste dann der anfänglich eingeführte Ruhetag aufgrund des Andrangs gestrichen werden. Die Stärken des Jugendzentrums liegen sicherlich erstmal an den unübertroffenen Öffnungszeiten. Täglich ab 12 Uhr wird das Tor geöffnet und dann kommen auch schon die ersten und toben ihren Unmut am Kicker aus oder fläzen sich auf die Sofas. Jeden Tag geht das so, am Wochenende zwar erst ab 16 Uhr, aber das wird toleriert. Welches mit fünf SozialarbeiterInnen bestückte städtische Jugendzentrum kann schon sowas bieten?
Sicherlich ist das Programm noch verbesserungsbedürftig, aber daran wird gearbeitet. Ergänzt werden die wöchentlich stattfindenden Konzerte z.B. noch durch die donnerstäglichen Videoabende.
Der Jugendkulturtempel
Konzerte gehören erklärtermaßen eindeutig zum Schwerpunkt des Juz-Angebotes. Die sind meist unkommerziell, selbstverwaltet und so dermaßen 100% politisch korrekt, wenn sie die Geschmackskontrolle der Konzert-AG passieren, das ist schon erschreckend. Aber zum Wesentlichen: Es ist Auftrag des JUZ, jeden Samstag ein paar Bands aufspielen zu lassen. Im ersten Halbjahr rockten über 50! Bands die Einrichtung, was dem JUZ in den entsprechenden Kreisen schon einen beachtlichen Ruf eingebracht hat. Das JUZ tut was dafür, dass Hardcore wieder authentischer und unkommerzieller Ausdruck jugendlicher Subkultur mit widerständigem Charakter wird. Hardcore ist ja heutzutage bekanntlich auf VIVA und MTV in mundgerechten Happen zu konsumieren. Unsägliche Erfindungen aus den Genlaboren der Musikindustrie, gespickt mit Werbebreaks und Shell-Sponsoring. Aber gegen solcherlei Unfug streckt sich die einsam geballte Faust des Jugendzentrums in den Musikhimmel. Jawohl! Deshalb sind dem JUZ auch Bands sehr lieb und teuer, die Verständnis dafür haben, dass noch Geld erwirtschaftet werden muss, um die Miete zu bezahlen, und die ansonsten auf jedes Gepose verzichten. Außerdem sollten sie gute Musik mit guten Texten machen.
Anfänglich war das Publikum auch nicht bei jedem Konzert zahlreich vertreten, aber immer ehrfürchtig bereit, schlecht gekühltes Bier von den VSJS-Zivi-Sklaven entgegenzunehmen und an den richtigen Stellen zu klatschen. Allerdings kommts dann auch schon mal vor, wie beim STONED-Konzert geschehen, dass ein „Ausverkauft“-Schild an die Tür gehängt werden musste, weil die Leute anfingen, sich übereinander zu stapeln (das wird dann Stage-Diving genannt).
Perspektiven
Aus der kräftezehrenden Bauphase wird das JUZ auch zukünftig nicht ganz herauskommen, denn im Außenbereich stehen noch etliche Arbeiten an. In Planung ist fürs Frühjahr auch der Selbstbau einer Mini-Rampe um die Skaterträume zu erfüllen. Dazu muss aber die Stadt den Untergrund herrichten. Und das kann bekanntlich dauern. Aber nach der offiziellen Vorstellung des Jugendzentrums Ende Januar, bei der die VertreterInnen der im Stadtrat vorhandenen Parteien sich recht positiv zur Arbeit des Jugendzentrums äußerten, ist Optimismus angesagt. Auch was das finanzielle Elend des Jugendzentrums anbelangt. Denn das große Manko des Juz sind eindeutig die hohen Betriebskosten infolge des Mietanteils. Hier erhofft sich das JUZ nach dem Gespräch mit den politisch Verantwortlichen einen angemessenen Beitrag der Stadt Lebach.
Das war der Stand 1997 - und wie ging es weiter?
25 Jahre ging es so weiter. 25 Jahre mit den üblichen ups and downs, mit Konzertereignissen mit Bands wie TOMTE, HAMMERHEAD und SCAFIELD und den legendären Konzerten in der gegenüberliegenden Reithalle mit NATIONS ON FIRE und den BOXHAMSTERS. Aber auch mit zermürbenden Kämpfen um Zuschüsse der Stadt und dem immerwährenden Ringen um den Erhalt des altersschwachen Gemäuers.
2023 wurde der Standort des Jugendzentrums in der alten Bahnbaracke in der Jabacherstraße aufgegeben. Seitdem ist man zusammen mit der Stadt auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für ein neues JUZ Lebach.
Bereits Anfang der 70er Jahre gab es ein selbstverwaltetes Jugendzentrum in Lebach.
In diesem Privathaus befand sich das erste Jugendzentrum Lebach.